Mittwoch, 14. April 2010

Eyjafjallajökull

Als ich vor vier Tagen definitiv wusste, dass der Vulkanausbruch auf dem Fimmvörðuháls zum Erliegen gekommen ist, da war ich unglaublich geknickt. Ein kleiner Funke Hoffnung war zwar da, dass der Ausbruch irgendwie wieder aufkeimen würde, aber irgendwie schien das total unwahrscheinlich. Seit meinem letzten Blogeintrag herrschte so gut wie keine Erdbebenaktivität mehr und sogar die Vulkanologen erklärten den Ausbruch für beendet. Das war gestern - der Tag, an dem ich nach Oslo reiste. Dort schlug ich dann bei frühlingshaften 10°C mein Zelt direkt an der Flughafenmauer in einer kleinen Baumansammlung auf und schlief sehr früh ein - ich war einfach geschafft vom Stress der vergangenen Tage, wo mich meine eigene Vulkan-Vorfreude und die dann so herbe Enttäuschung nur sehr schlecht schlafen gelassen hatte.

Mitten in der Nacht geschah etwas, dass ich so noch niemals erlebt hatte. Ich wachte auf, schrak regelrecht aus dem Schlaf empor, und das erste, was mir durch den Kopf ging, war: auf Island ist ein Vulkan ausgebrochen. Das war kein Wunsch, es war Wissen: ich wusste, dass es einen erneuten Ausbruch gegeben hatte, und ich wusste es mit einer solchen Sicherheit, dass ich den Rest der Nacht wachlag und mich freute, wie ein kleines Kind vor Weihnachten. Viel zu früh stand ich auf, packte meine Sachen, checkte mich zum Flug nach Island ein und suchte mir dann einen Internetzugang. Mein erster Blick galt der Hauptnachrichtenseite Islands, und dort war zu lesen: "Erdbebenserie unter dem Eyjafjallajökull: Katastrophenschutz und Vulkanologen starten zum Erkundungsflug mit dem Helikopter, um weiteres herauszufinden".

Kurz vor dem Abflug war es amtlich: die vulkanische Aktivität war erneut aufgeflammt, allerdings nicht mehr zwischen den beiden Gletschern, sondern direkt unter dem kleineren Gletscher Eyjafjallajökull.
Als wir dann um 10:15 Uhr Ortszeit an Südisland vorbeiflogen, kündigte auch der Pilot den Vulkanausbruch an und wies auf die Wolke hin, die vom bewölkten Gletscher ausstieg. Und so gelang mir mein erstes Vulkanfoto, noch bevor ich einen Fuß auf isländischen Boden gesetzt hatte: eine fast rein weiße Wolke, kaum aus Asche bestehend, da der Vulkan sich zu dem Zeitpunkt erst noch durch den Gletscher schmelzen musste und dabei sehr viel Wasserdampf produzierte.


Während der Fahrt mit dem Flybus nach Reykjavík wurde in den 12 Uhr Nachrichten von nichts anderem berichtet. Der Ausbruch war um vieles stärker als der zuvorige: die Vulkanspalte wurde auf 2km gemessen. Die Anwohner der gesamten Gegend waren evakuiert weil man mit einer Flutwelle rechnete, die tatsächlich eintraf: das vom Vulkan geschmolzene Gletschereis ergoss sich in zwei Sturzfluten an zwei verschiedenen Stellen des Gletschers. Der Fluss Markarfljót stieg viel stärker an, als alle es erwartet hatten: die Schutzdämme leiteten das Wasser zwar den Gletscherfluss hinunter und verschonte so Häuser und Gehöfte, die Ringstraße jedoch wurde zerstört. Ein Baggerfahrer hatte geistesgegenwärtig die Ringstraße aufgerissen, damit das Wasser sich über eine größere Fläche verteilen konnte und die wichtigste Brücke der Gegend intakt blieb.

Gleichzeitig wurde ein totaler Reisebann verhängt: Straßen wurden abgesperrt und Flugverkehr verboten. Ich glaube ich saß im letzten Flug, der noch in Island landete und der die Vulkanwolke sah: nun kommt man nicht an den Vulkan heran, nicht einmal nach Hvolsvöllur werden Autos gelassen. Ich werde trotzdem versuchen, mich morgen nach Lágafell durchzuschlagen und mich dort als Farmhelfer einzuschmuggeln! Und sobald die Straße wieder befahrbar ist, was vermutlich erst am oder nach dem Wochenende der Fall sein wird, werde ich versuchen, so nah wie möglich an den Ausbruch heranzukommen. Es ist eine schwierige Stelle, ringsherum vom Gletscher umschlossen - so fotogen wie der letzte Ausbruch ist diese Naturgewalt auf keinen Fall. Aber ganz klar: besser, solch ein Ausbruch, als keiner!
:-)

Vulkanische Grüße aus Island!
Kerstin

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