Montag, 23. Juni 2014

Svalbard - 20.Juni


Zurück von einer tollen ersten Reise entlang der Westküste Spitzbergens - in vier Stunden geht es wieder los... Es gibt diesen Sommer sehr viel Packeis im Norden und sehr gemischtes Wetter. Immer mal wieder lagen Robben oder sogar Walrosse auf den Eisschollen: und nach langem, langem Suchen fanden wir dann auch Eisbären draußen auf dem Packeis nördlich von Spitzbergen. Hier ein Männchen, dem wir (obwohl wir doch recht weit entfernt waren) nicht so ganz geheuer waren und das seine frisch geschlagene Ringelrobbe so weit von uns weggetragen hat, wie es ihm die Eisscholle erlaubte. Wir haben seine Privatsphäre dann natürlich respektiert und ihn in Ruhe gelassen. Eine beeindruckende Begegnung!



Sonntag, 15. Juni 2014

Pfingsten in der Þórsmörk, Teil 2

Für meinen diesjährigen, sehr spontanen Besuch in der Þórsmörk hatte ich Básar als mein Basislager erkoren. Dort herrscht eigentlich immer reges Treiben: ein Grund, warum ich bisher noch nie hier übernachtet habe. Básar ist der bevorzugte Campingplatz vieler Isländer hier in der Þórsmörk, die in kleinen Gruppen in Zeltanhängern oder Zelten übernachten und ihren ganzen Hausrat (und alle Haustiere) gleich mitbringen. Und eine Menge Alkohol. Gerade an Sommerwochenenden geht hier die Post ab! Der Campingplatz ist aber sehr groß und weit verzweigt: ich habe letztendlich ein ruhiges Eckchen gefunden und mich dank der Bäume auch relativ alleine gefühlt.
Blick über Básar nach Langidalur und den Berg Valahnúkur














 
Da ich vorhatte, tagsüber zu schlafen, waren mir die ganzen Leute auch egal: sollten sie ruhig bis tief in die Nacht feiern, ich würde nicht da sein! Tagsüber war der Lärmpegel sehr human - zumindest gemessen an der Anzahl an Menschen, die da war. Und so startete ich am ersten Abend auch schon los: nach dem Abendessen stieg ich den 805m hohen Útigönguhöfði empor; den Hausberg von Básar.




Was folgte, war einer der schönsten Tage meines diesjährigen Islandaufenthaltes. Die Sonne ging um 23 Uhr unter und um 3 Uhr wieder auf: dazwischen wurde der Himmel rosa und verwandelte sich die Landschaft in ein Aquarellgemälde.
 






Die Zeit verging wie im Fluge. Als die Sonne aufgegangen war, machte ich mich schließlich an den steilen Abstieg - und ein letztes Bild, als ich an den faszinierenden Tuff-Formationen vorbeikam, die so typisch für diese Gegend sind.

Zurück am Campingplatz herrschte jetzt Stille - und ich hatte ein ungewohntes Problem. Die Sommersonne erhitzte mein Zelt auf Saunatemperaturen und machte mir Schlafen unmöglich. Erst am Nachmittag, als der Schatten der umliegenden Büsche auf mein Zelt fiel, fand ich Schlaf. Am Abend wachte ich wieder auf, kochte mein Abendessen bzw. Brunch, und überlegte, was ich tun sollte. Denn plötzlich lagen tiefe Wolken über dem Tal, die aber nicht zu dick erschienen und keinen Regen brachten. Und als meine nächsten Nachbarn, schon deutlich angeheitert, laut zu singen begannen, startete ich los: den Wanderweg Fimmvörðuháls empor, hinein in die Wolken, hinein in den Nebel. Ich wollte so hoch aufsteigen, bis die Wolken unter mir lagen. Natürlich wusste ich nicht, ob mir das gelingen würde, aber einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Von einem Sonnenaufgang über den Wolken hatte ich schon lange geträumt!

Zwei lange Stunden wanderte ich durch den Nebel und folgte ich dem sehr gut zu erkennenden Wanderweg, der über den Pass Fimmvörðuháls nach Skógar führt. Ich überquerte die Morrinsheiði (800m hoch gelegen) und wollte gerade über den Heljarkambur auf 1000m aufsteigen, als plötzlich die Sonne durchbrach. In nur wenigen Minuten senkte sich der Nebel um gut 200m ab: und ich stand über einem Meer aus Wolken. Was für ein fantastischer Anblick!

Blick von der Morrinsheiði. Links in rosa der Eyjafjallajökull (1666m), der schwarze, von Wolken umwaberte Berg ist der Útigönguhöfði (805m), auf dem ich am Tag zuvor stand. Die Sonne geht hinter den Tindfjöll (1251m) unter, und ganz rechts im Vordergrund ist das Heiðarhorn (~800m). Panorama aus 5 Aufnahmen.



     
In den folgenden Stunden erlebte ich, wie der Hochnebel sich ständig hob und senkte, um in der Mitte der Nacht dann gänzlich zu verschwinden. Als die Sonne aufging, krochen die Wolken aber vom Talausgang wieder zum Gletscher empor, bäumte sich an Bergen auf, floss Täler hinab wie Wasserfälle. Es war wunderbar!




"Da liegt Emstrur!"
Selbstportraits in gestellten Posen mache ich ja nun wirklich nicht oft - hier aber hat es einfach nur Spaß gemacht!
Und das Bild gibt es natürlich auch ohne menschlichen Störfaktor...



 
Ich bin immer noch ganz euphorisch von dieser beeindruckenden Nacht: mit ihr hat sich ein langgehegter Traum erfüllt. Zum ersten Mal im Leben habe ich in Island einen Sonnenaufgang über Hochnebel erleben dürfen - hach, wunderbar, gerne jederzeit wieder! Diese fantastische Mittsommernacht ging viel zu schnell vorbei. Erst, als ich völlig gesättigt von den ganzen Eindrücken nach dem Sonnenaufgang die Kamera wegpackte, eine Weile in der Sonne lag und die letzten Nebelwolken verdunsten sah, erst dann fiel mir auf, was für ein Tag es war: mein Geburtstag. Ein schöneres Geschenk hätte mir niemand machen können!
 

Jetzt, ein paar Tage später, habe ich Island schon wieder verlassen: ich bin nun wieder in Svalbard, wo ich den Sommer verbringen werde. Ich plane, mich öfters zumindest mit ein, zwei Fotos zu melden. Schaut mal vorbei, ich werde mir Mühe geben, mich zu melden!







Dienstag, 10. Juni 2014

Pfingsten in der Þórsmörk: Teil 1

Unmittelbar vor Beginn meiner Svalbardsaison wollte ich noch eine kleine Reise in Island unternehmen. Meine Bronchitis ist nach drei Monaten endlich so weit abgeklungen, dass ich mich wieder für alles gerüstet fühle, und außerdem ist es jetzt auch so warm, dass ich nicht ständig Gefahr laufe, mich wieder zu erkälten. Und weil die Wettervorhersage über Pfingsten ganz hervorragend war, und ich spontan Lust dazu hatte, reiste ich, mal wieder, in die Þórsmörk.

Es mag einigen vielleicht verwunderlich erscheinen, dass es mich schon wieder in dieses von Gletschern umrahmte Tal zieht, und nicht in andere Gegenden Islands, die ich teilweise noch gar nicht kenne. Die Þórsmörk ist mir mittlerweile so etwas wie eine kleine Heimat geworden: ich war schon so oft da, habe ja auch als Hüttenwart Wochen dort verbracht, kenne die Leute, die dort arbeiten, die Ranger, Hüttenwarte, Busfahrer und Guides. Dennoch habe ich noch relativ wenig von der Umgebung gesehen: ich habe dort gearbeitet und relativ wenig Ausflüge gemacht; und Urlaub und Arbeit sind einfach nicht dasselbe.
Außerdem habe ich mich bisher fast ausschließlich in der Þórsmörk aufgehalten: nicht aber in Goðaland.

Þórsmörk und Goðaland. Rot: die drei Hütten/Campingplätze. Dunkelrot: die Wanderwege Laugavegur und Fimmvörðhals. Blau: die drei 800m hohen Berge, von denen die kommenden Fotos gemacht wurden. Und nur als Zusatzinfo: das neue Lavafeld des Ausbruchs von 2010 am Fimmvörðuhals als Schatten zwischen Eyjafjalla- und Mýrdalsjökull.








    
Kaum einer weiß, dass die Hütte Básar eigentlich gar nicht in der Þórsmörk liegt, sondern in Goðaland, dem Land der Götter. Goðaland ist die Gegend südlich des Flusses Krossá, Þórsmörk ist der Bergrücken nördlich davon. Beide Gegenden sind wunderbar, unterscheiden sich aber doch sehr. In Goðaland gibt es die höheren Berge, die tieferen Schluchten, die Gletscher. Und genau das reizte mich, genau deswegen war ich diesmal gekommen.

Jetzt, Anfang Juni, strömen Wanderer in die Gegend. Der 26km lange Wanderweg Fimmvörðuháls, der von Skógar nach Þórsmörk/Goðaland führt, ist seit Anfang des Monats begehbar, allerdings liegt noch viel Schnee auf dem höchsten Punkt auf knapp 1100m zwischen den Gletschern. Der Laugavegur ist allerdings, wie in den meisten Jahren, noch nicht geöffnet. Das hat zur Folge, dass viele Wanderer zu Fuß über den Pass nach Þórsmörk kommen, diese aber wieder per Bus verlassen. Und jedes Jahr aufs Neue sind die Busfahrer vom Ansturm überrascht. Auf der Hinreise saß ich zusammen mit 8 anderen im Bus: die Rückfahrt aber sah ganz anders aus. Und weil das so absurd war, so typisch isländisch pragmatisch, will ich diesen Bericht mit der Heimreise beginnen. Wer sagt denn, dass alles chronologisch sein muss...? :-)


Ein Bild aus dem Jahr 2011.
So viel Asche wird mitterweile nicht mehr aufgewirbelt.
Der hochgelegene, vierradgetriebene Bus fährt planmäßig alle Hütten ab, und beginnt bei der Hütte Básar. Etwa 35 Gäste stiegen dort ein, der Bus hat Plätze für etwa 40 Personen: es war also schon ziemlich voll. Der Gletscherfluss Krossá stellte diesmal dankbarerweise kein Problem dar, aber unmittelbar vor der letzten Hütte, Húsadalur, gab es einen Knall und einen Windschwall im Bus: die vordere Dachluke hatte sich verselbstständigt und Flugunterricht genommen. Weil für die dreistündige Fahrt nach Reykjavik Regen angekündigt war, vertäute der Hilfsbusfahrer das angebrochene Plastikfenster fachgerecht
nach echter isländischer Art:
es konnte weitergehen!


Dann aber gab es ein kleines Problem: in Húsadalur warteten noch einmal 33 Wanderer darauf, zur Ringstraße zu gelangen. Es gab aber nur noch 5 freie Plätze im Bus.

Was nun? Es gab keinen Ersatzbus, und niemand der Reisenden (die übrigens alle schon bezahlt hatten) wollte 3 Stunden auf einen Ersatzbus aus Reykjavik warten.



Ich habe ja schon allerlei erlebt, aber was jetzt kam, das war wirklich unglaublich. Als wir verstanden, was geschah, brach der ganze Bus in hysterisches Kichern aus.

Denn der Busfahrer, ganz pragmatisch, schickte all jene, die keinen Platz bekommen hatten, in den Essenssaal der Hütte.
Jeder sollte sich einen Stuhl holen: einen ganz normalen, altmodischen Holzstuhl. Die Anweisung war einfach: hinsetzen, in den Mittelgang, so dicht wie möglich.

Zwei zierliche Mädels wurden von ihren Partnern auf den Schoß genommen.
Und der Hilfsbusfahrer saß neben dem Armaturenbrett.

Was geht, das geht!

Trotzdem mussten fünf Leute die einstündige Fahrt bis zum Seljalandsfoss im Stehen zubringen, und drei weitere kamen gar nicht mit, obwohl sie bezahlt hatten: aber wir trafen sie später in Hvolsvöllur wieder, sie waren von einem Jeepfahrer mitgenommen worden, der die ganze Aktion beobachtet hatte.


Beim Seljalandsfoss enstpannte sich die Lage, als bestimmt 20 Leute ausstiegen, um entweder in den Bus Richtung Osten oder aber in ihre eigenen, dort geparkten Fahrzeuge umzusteigen.

Obwohl einige wenige Miesepeter dabei waren, die das ganze absolut unmöglich fanden, sah man fast ausschließlich lachende Mienen.

Busfahren in Island - in der westlichen Welt ist das an Absurdität wohl kaum zu toppen!