Dienstag, 9. Juni 2015

Schock auf der Barentssee

Irgendwo auf der Barentssee, zwischen der Bäreninsel und Spitzbergen, hatten wir endlich Wale gesichtet. Weißschnauzendelphine, Zwergwale und Buckelwale schwammen einzeln oder in kleinen Gruppen um das Boot und ließen sich von uns nicht stören. Ganz im Gegenteil, es schien, als würden sie uns ebenso neugierig betrachten, wie wir sie - nur eben auf der anderen Seite des Wasserspiegels.

Somewhere between Bjørnøya (Bear Island) and Svalbard on the Barents Sea, we had finally found whales. White-beaked dolphins, minke whales and humpback whales swam by, solitary or in small groups. They did not seem to be bothered by our enthusiastic but careful whale watching attempts, quite the opposite. One humpback whale was just as curious about us as we were about him, just on the other side of the water surface...



Hier draußen auf dem offenen Meer, weit entfernt von jeglichem Land, waren einige Schiffe unterwegs, Fischkutter, wie ich annahm. Eines dieser Schiffe kam immer näher. Es fuhr allerdings nicht geradlinig, sondern in großen Kreisen - genau wie wir bei der Walbeobachtung, bloß viel schneller. Als ich mir das Schiff mit dem Fernglas genauer ansah, schwante mir Böses. Dieses moderne, norwegische Fischerboot hatte einen Ausguck, ein sogenanntes Krähennest, in dem eine Person zu sehen war. Und vorne am Bug befand sich ebenfalls eine Gestalt, die vor einer etwa eineinhalb Meter langen, drehbaren Metallstange stand.

Out on the open ocean, with no land in sight, we saw quite some ships, fish trawlers, as I assumed. One of these came closer and closer. I realised that it was not sailing in a straight line, but in circles - just as whale watching boats do when they are waiting for the whales to resurface. But that ship was quite determined, and it was fast. Much faster than any whale watching ship I've ever seen. So I got suspicious and had a closer look at it. It was a modern fishing vessel with a crow's nest, a lookout, and it was manned. Another person stood at the bow, right behind a metal construction that consisted of a horizontal bar or tube that could be turned in different directions.


Es war ein norwegisches Walfängerschiff, und es war offenbar im Einsatz. Während ich erste Bilder machte, kamen Delphine in Sicht, die meine Aufmerksamkeit ablenkten: bis ich einen Schuss hörte. Mir lief es kalt den Rücken hinab. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass das passierte? Wir waren bei der Walbeobachtung - und nicht einmal einen Kilometer entfernt knallte ein Walfänger von den Lofoten eine Harpune in einen Wal. Direkt vor unseren Augen.

I had realized by now that this was a whaling ship - ready for action. I took some first photos, but then, dolphins appeared very close to our ship, the barquentine Antigua. They diverted my attention - until I heard a shot. It gave me the creeps. How high was the probability of this happening? We where whale watching - and in a distance of about a kilometre away, a whaling vessel from the Norwegian Lofoten shot a harpoon into a whale. Directly in front of our eyes, so to say.




Mehrere Minuten lang hörte ich nichts mehr und konnte auch mit dem Fernglas nichts erkennen. Erst im Nachhinein erkannte ich auf den Fotos die gestreckte Leine zwischen Schiff und Wal. Gutgläubig (und von einem jungen Buckelwal abgelenkt) begann ich zu hoffen, dass sie den Wal verfehlt hatten. Dann erklang ein zweiter Schuss. Da wir näher gekommen waren, konnte ich jetzt selbst durch die Kameralinse erkennen, was ich bis dahin nicht verstanden hatte. Die Walfänger hatten beim ersten Schuss einen Wal getroffen, aber mehrere Minuten damit verbracht, ihn direkt an ihren Bug zu ziehen. Da war er nun und zappelte um sein Leben. Wir sahen ihn sich im Todeskampf winden und um sich schlagen. Es war schwer, zum hilflosen Beobachter verdammt zu sein und rein gar nichts tun zu können.

For several minutes I could not see or hear anything any more. I started to think that, maybe, they missed the whale. It was not before hours later, when I studied my photographs closely, I would discover the line that stretched between the ship and the whale, and I would realize that they were busy pulling the whale towards their bow. But as it was, I was uncertain about what was going on - until a second shot sounded. Now, with the help with my binoculars, I could see the whale, that was right in front of their ship. It was flapping and flouncing, fighting for his life. We watched the animal twine in its death struggle. It was hard to be condemned to watch, helplessly, not being able to interfere.


In kurzen Abständen hörte ich noch drei weitere Schüsse, also fünf insgesamt. Der Mann am Bug tötete das Tier mit einem Gewehr und schoss ihm außerdem mit einer kleinen Harpune ganz gezielt Leinen in den Körper, anscheinend in die Schwanzfluke. Diese zusätzlichen Seile brauchten sie, um den Wal an Bord zu hieven.
Das Ganze ging erstaunlich schnell von statten; diese Männer machten das definitiv nicht zum ersten Mal. Es war ein effizienter Vorgang - zumindest für die beteiligten Menschen. Der Wal allerdings muss mindestens 5 Minuten um sein Leben gekämpft haben, vielleicht bis zu 8 Minuten lang. Ich habe vor Ort nicht auf die Zeit geachtet, kann mir nur im Nachhinein durch die Uhrzeit der Fotos etwas zusammenreimen.

Three more shots sounded in short intervals, five in total. The person at the bow of the whaling ship killed the whale with a rifle and shot one or two more ropes into the body of the whale, apparently into its fluke (tail). These ropes were needed in order to pull the whale aboard.
Everything happened quite fast from now on. Without any doubt: these men were professionals, they surely knew what they were doing. It was an efficient procedure, at least for the workers on board. The whale, on the other hand, fought for his life for at least 5 long minutes, possibly up to 8 minutes, before it was finally killed. Out there, I did not pay attention to time, and afterwards, I can just roughly guess with the help of my photos.




Jene, die für den Walfang sind, sagen gerne, dass es ihr Ziel sei, ihre Beute innerhalb von 30 Sekunden zu töten. Diese Zahl ist irgendwie die von Menschen akzeptierte Zeitspanne, in der Tiere für den Tod leiden dürfen. Auch Schlachthäuser predigen das 30-Sekunden-Mantra: eine halbe Minute vom Tötungsbeginn bis zum Tod ist akzeptabel. Dass dieses Ideal für den Walfang völlig unrealistisch ist, war mir schon lange klar. So schnell stirbt ein Tier nur durch einen Kopf- oder Genickschuss. Wie soll das denn gehen, wenn man auf der Meeresoberfläche herumdümpelt, sozusagen auf eine Dimension beschränkt, während so schnelle Wale wie Zwergwale in alle Richtungen abtauchen können? Man müsste in dem Moment schießen, in dem sie blasen, aber selbst dann ist ihr Kopf schon wieder unter Wasser. Was also getroffen wird, ist der Körper. Und genau das war hier auch der Fall.

Those that are pro-whaling say that it is their goal to kill their catch within 30 seconds. That seems to be the time frame accepted by humans in which animals are allowed to suffer. Slaughterhouses pray the same 30-second-mantra: half a minute in between the start and end of death is acceptable. That ideal had always seemed unrealistic to me when it comes to whaling. A death as fast as within 30 seconds does only appear if the animal is shot in the head. How is that supposed to be achieved when the hunter is restricted to the ocean surface, while fast swimmers like minke whales can dive in all directions underneath? The whale hunter would have to shoot in the exact moment when the whale is blowing, but even then, the head is on the way down again. Instead, it's the whale's body that is hit.



Am hellen Bauch kann man gut den Kopf der Harpune sehen, mit Widerhaken bestückt, der auf dem Bauch des Wales ausgetreten ist. Sie haben ihn also am Rücken getroffen und seinen Leib durchbohrt. Tot war der ausgewachsene Zwergwal (seltener Minkwal genannt, vom englischen „minke whale“) allerdings noch nicht. Das wurde nachgeholt, sobald das Tier am Boot war: mehrere Minuten nachdem man ihn durchbohrt am Seil hatte. Ich mag mir gar nicht die Qualen vorstellen, die ein Lebewesen dadurch erleidet. Dumm oder intelligent, groß oder klein spielt keine Rolle: Schmerzen sind universell.

You can clearly see the harpoon sticking out of the bright belly of the minke whale, which was dead by the time it was pulled on board. Barbs hold it in place. The harpoon had entered on the back and pierced the whale completely. When the first shot was fired, the animal was injured badly, but it was not dead until it was killed several minutes later. I don't even want to imagine the pain that any living being has to endure by a injury like that. Intelligent or not, big or small does not matter. Pain is universal.



Vielleicht ist euch schon aufgefallen, dass das Schiff auf jedem Foto anders steht, und vielleicht erkennt ihr auch, dass sich unsere Entfernung bei jedem Foto verringerte. Beides erklärt sich dadurch, dass unser Kapitän (genau wie ich) sehen wollte, was auf dem Walfänger abging. Deren Kapitän versuchte, genau das zu verhindern, und wendete seine Backbordseite (links!) von uns ab. Wir lieferten uns ein regelrechtes Katz- und Mausspiel: die Walfänger in der Mitte, die sich wie ein Kreisel drehten, und die Antigua volle Fahrt voraus in einem immer enger werdenden Kreis außenrum.

Maybe you've noticed that the ship has very different positions on each photo, and maybe you realised that the distance is shrinking bit by bit. Our captain wanted to see the procedure - to the displeasure of the other ship's captain. He tried to turn his vessel several times in order to obstruct our view onto the whale. It was a cat-and-mouse game, a question of who'd be faster: and in the end, it was us. Antigua circled the whaling ship full speed while coming closer and closer. 



Immer wieder wurde uns der Blick auf den Wal verstellt, immer wieder gewannen wir ihn zurück. Zum Schluss waren wir sehr nah aneinander, wenige hundert Meter (unter 200 Meter, schätze ich) und konnten alles mit bloßem Auge sehen. Die Männer lachten, winkten uns zu. Und das, obwohl einige bei uns an Bord Buh-Rufe ausstießen. Erst dachte ich, sie machten sich über uns lustig oder missverstanden die Rufe als Grüße. Jo, unser Kapitän, gab zu Bedenken, dass es Jäger seien, die gerade Beute gemacht hatten. Vielleicht war es in der Tat kein gehässiges Lachen, kein Spott, sondern ehrliche Freude: die Euphorie des Erfolgs, des Augenblick des Jagdglückes.

After having re-gained our view, we had come quite close, less than 200 metres, I'd say. We did not need binoculars any more as we could clearly see everything with our own eyes. The men on board smiled and waved towards as - which seemed strange, as some of use booed loudly. First I thought that they were making fun of us or that they misunderstood the boos as greetings. When I talked to Jo, our captain, he called attention to the fact that these men were hunters who just successfully caught their long-sought prey. Maybe they did indeed not mock us but were honestly happy in a state of hunting-euphoria.



Diese Männer hier sind keine Monster - es wäre falsch, sie wegen diesen Bildern zu verurteilen. Sie haben diesen Wal getötet, ja, aber nicht, um ihn selber zu essen, sondern weil eine Nachfrage nach Walfleisch besteht. Eine Nachfrage, die unter anderen von Touristen geschürt wird.
Klar, Norweger essen Walfleisch, und das nicht zu knapp - aber Touristen eben auch.
„He, hier wird Wal gegessen - probieren wir's doch mal!“ Genau so, wie andere in Australien Krokodil und Kamel probieren, oder Meerschweinchen in Südamerika, oder Strauß in Afrika.

These men are no monsters. It would be wrong to condemn them. Yes, they killed a whale and many of us might not be happy with that: but they did not kill it for themselves. They killed it because there is a demand for whale meat. A demand that is, among others, fuelled by tourists.
No doubt: the Norwegians eat whale meat, and quite a lot of it, actually. But so do tourists that come to Norway and Svalbard. „Hey, it's a tradition to eat whale meat here - let's try it, too!“ Just the same way, tourists eat crocodile and camel in Australia, guinea pig in South America or ostrich in Africa.



Wenn ihr zu denjenigen gehört, die gerne solche kulinarischen Experimente anstellen, kann ich nur sagen: So sieht das Leid aus, das ihr verursacht, wenn ihr Walfleisch kauft. Jetzt wisst ihr bescheid. Andere Tiere leiden auch, wenn wir sie töten, das stimmt - aber das entschuldigt keine minutenlangen Qualen mit einer Harpune im Bauch. Dies sind die Bilder, die man nicht so oft sieht, und welche die Walfleisch-Lobby auch nicht sehen will. Genauergesagt entstehen solche Bilder sehr selten, denn so gut wie niemals ist jemand da, um einer Jagd beizuwohnen. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb der Kapitän des Walfängers beständig versuchte, abzudrehen und genau diese Bilder zu verhindern.

If you belong to those that like to involve themselves in such culinary experiments: well, now you've seen the suffering you cause when you buy whale meat. Now you know. Other animals suffer when they are killed for human consumption, too, there's no question about it. But that is no excuse for a torment like having a harpoon in your belly for minutes in a row.
These are pictures which are not seen very often and that are unwanted by the whaling industry. Actually I believe that pictures like these are quite rare, as there's hardly anyone around when whales are killed. I guess there's a good reason why the captain of the Reinebuen did not want us to see.

Auch dies ist eine Facette der Arktis. Norwegen allein erlegt mehrere hundert Zwergwale im Jahr, deren Bestand zum Glück nicht gefährdet ist. Die Norweger erlauben sich selbst die Tötung von jährlich 1268 Walen, aber diese Quote wurde bisher nie erfüllt. Wie viele Tiere erlegt werden, ist Jahr für Jahr unterschiedlich. 2014 waren es allerdings 726 allein in norwegischen Gewässern, und dazu gehört die Gegend um Bjørnøya und Svalbard. Also 2 Wale pro Tag, gefangen von 23 Walfängerbooten - hauptsächlich übrigens von den Lofoten. 

Norwegen tötet weltweit die meisten Wale, es folgen Japan, Dänemark (Grönland und Färöerinseln), Russland, Island und Alaska. Insgesamt sterben für den menschlichen Verzehr weltweit jährlich etwa 1200 Zwergwale, 800 Grindwale, eine unbekannte Anzahl weiterer Delphine, 200 Finnwale (ausschließlich von Isländern, welche sie gar nicht essen wollen), 120 Grauwale, 100 Seiwale, je 50 Grönland- und Brydewale, sowie andere Arten in kleinerer Anzahl. Inuit jagen im traditionellen Eigenverbrauch, Norwegen, Island, Japan und Dänemark/Färöer töten das Gros der Tiere, und die ersten drei betreiben es industriell. So, wie hier dokumentiert.

This, as unpleasant as it might be, is just another face of life in the Arctic. Norway alone kills several hundred minke whales every year, small whales up to 10m in length, who's population is big enough to not be endangered by it. Norway allows itself a quota of 1268 minke whales per year, but so far, it has never been met. The number of whales killed differs by year. 2014, a record of 726 minke whales was set in Norwegian waters, to which Svalbard and Bjørnøya belong to. On average, that means that two whales are killed on every single day over the year, caught by 23 whaling vessels (a majority from Lofoten, by the way).

On an international scale, Norway kills most whales, very closely followed by Denmark (Greenland and Faroe Islands), Japan, Russia, Iceland and Alaska. Officially, the numbers of whales killed for human consumption might look something like that: 1200 minke whales, 800 pilot whales, an unknown number of other dolphins, 200 fin whales (only killed by Icelandic who don't even eat fin whale meat), 120 grey whales and each 50 bowhead and bryde whales, as well as other species in smaller numbers. Native peoples of the North still hunt traditionally in smaller numbers. Norway, Iceland, Japan and Denmark/Faroe Islands kill most of the whales, and the first three of them in an industrial scale - as seen here.



Als der Zwergwal ganz an Bord gehievt worden war, drehten wir voneinander ab, auch, weil der Walfänger jetzt wieder Tempo aufnahm und Richtung Süden fuhr. Sie begannen augenblicklich mit dem Schlachten. Eissturmvögel und Möwen stürzten sich auf das Abwasser und unzählige Liter Blut färbten das Meer hinter dem Schiff rot.

They way of the two ships parted once the minke whale was on board. The whalers regained speed and headed to the South, and they started slaughtering right away. Fulmars and gulls dived for their waste-water, which left a long, brightly red trail behind the ship.




Die Stimmung bei uns an Bord war geknickt, die Menschen gingen ganz unterschiedlich mit dem Gesehenen um. Einige fanden es traurig aber interessant, andere nur verwerflich und abscheulich, und es flossen einige Tränen. Ich selbst fühlte all diese Emotionen: Abscheu, Wut und Hilflosigkeit, aber auch Neugierde und ehrliches Interesse an der gesamten Durchführung. Ethische Gedanken hin oder her: Walfang geschieht und ist alltäglich hier draußen. Die Länder, in denen ich in den vergangenen Jahren am meisten Zeit verbracht habe, sind aktive Walfangnationen. Schon immer hatte ich mich gefragt, wie so eine Jagd wohl von statten geht und wie lange die Tiere wirklich leiden müssen. An die berühmten 30 Sekunden habe ich nie geglaubt. Jetzt weiß ich, dass ich mit meinen Zweifeln richtig lag.

Ist es nicht bemerkenswert, dass es zu diese Begegnung kam? Dass wir etwas zu sehen bekommen haben, das sonst nur im Verborgenen geschieht? Es ist wirklich erstaunlich, dass wir zur rechten Zeit am rechten Ort waren. Als Tierfreund und überzeugter Vegetarier war es kein schönes Erlebnis, so viel kann ich sagen. Dennoch bin ich dankbar, Zeuge dessen geworden zu sein und davon berichten zu können - auf dass ihr euch eine eigene Meinung bilden könnt. Und vielleicht an dieser Stelle einmal ganz generell darüber nachdenkt, wie es wohl dem Fleisch erging, das ihr euch gestern auf die Teller geholt habt - so ihr keine Vegetarier seid.
Wisst ihr, wie das Tier gelebt habt, bevor ihr es esst? Wisst ihr, wie es behandelt wurde und wie lange es Schmerzen litt? Es sind Fragen der Ethik, die viel zu selten gestellt und viel zu oft ausgeblendet werden.

Die Antworten und Schlussfolgerungen muss jeder für sich selber finden - aber er/sie sollte sie sich immer mal wieder stellen. Das zumindest ist die ethische Verpflichtung, die unserem 'intelligenten' Verhalten folgt. Oder es zumindest tun sollte.


The mood on board had turned silent, everybody coped differently with the experience. Some found it sad but interesting, others just condemnable and abhorrent. Some tears were flowing, laughter was scarce that evening. I, myself, felt all of the above: disgust, anger and helplessness, but curiosity, too, as well as an honest interest in the procedure of the whaling itself. Ethical thoughts are well and good, but we have to face the fact that whaling is common up here. The countries where I have spent most of my time in the past years are active whaling nations. I had always asked myself how such a hunt might be performed and how long the animals realistically would have to suffer. I never believed in the famous 30-second-kill.

Isn't it remarkable that this encounter took place? We got to witness something that's usually unseen by outsiders. I find it quite amazing that we were there at the right place at the right time. As an animal lover and convinced vegetarian, I can assure you that it was no fun seeing a whale die. Still, I am thankful of having witnessed this. Now I can tell and show others what is so common within the Arctic waters. And maybe, just maybe, you stop for a moment and think (for the first time or just once again) about the past of the food that you eat everyday.

Do you know how the animal had lived before you ate it? Do you know how it was treated and how long it suffered so it could end as the meat you put on your plate? These are ethical questions that cannot be asked often enough, and that are (intentionally) ignored far too often.
Everybody has to find his own answers and conclusions to these questions, but he/she should definitely ponder upon it from time to time. That, at least, is the ethical commitment that follows our 'intelligent' behaviour.


Montag, 8. Juni 2015

Mit dem Segelschiff nach Bjørnøya



In Bodø ging ich an Bord der Antigua, meinem ersten Segelschiff. Ich war zwar schon auf der Rainbow Warrior II, aber sie war ein zu einem Segelschiff umgebauter Fischkutter. Dies ist einfach nicht dasselbe wie ein Schiff, das von Anfang an mit Segeln geplant war und folglich ganz anders (auf)gebaut wurde.
Die Antigua ist die gesamte Arktis-Saison auf und um Spitzbergen unterwegs, weswegen ich sie schon oft von anderen Schiffen aus gesehen habe - und mir jedes Mal wünschte, auch einmal an Bord zu sein. Nun war es soweit! Bei mäßigem Wetter setzten wir zu den Lofoten hinüber und segelten in drei Tagen an deren Südküste nach Nordosten
bis hinauf zu den Vesterålen. Wann immer es ging, setzten wir die Segel: was für ein tolles Gefühl es ist, ganz ohne Motor nur vom Wind vorwärtsgetrieben zu werden!



Ich war hin und her gerissen zwischen Begeisterung und Seekrankheit. Mein Magen bzw. Innenohr wollen sich einfach nicht ans Schiffsgewackel gewöhnen - aber nun ja, da müssen wir gemeinsam durch. Und ich bilde mir außerdem ein, dass es jedes Jahr besser wird - zumindest auf den Motorschiffen. Aber diese Besserung ist so gering, dass ich sie mir vielleicht nur einbilde - nun ja, aber wenn es hilft, mich besser zu fühlen, soll mir auch ein Placeboeffekt recht sein! :-)
Leider schaukelt solch ein Segelschiff dann doch um einiges mehr als größere, schwere Fähren - aber das ahnte ich ja. Von daher will ich mich nicht beschweren und freue mich statt dessen an dem Gedanken, ein paar Fische satt gemacht zu haben... Irgendwer profitiert halt immer! ;-)

Bis Tromsø hielten wir uns in Landnähe auf, unternahmen jeden Tag einen Ausflug entlang der Strecke und hatten dabei totales Wetterglück. Folgend ein paar Eindrücke, aufgenommen auf den Vesterålen (nördlich der Lofoten).


Nach Tromsø war Schluss mit lustig: jetzt ging es hinauf aufs offene Meer mit direktem Kurs nach Bjørnøya. Zwei Nächte und einen Tag waren wir unterwegs, und von dieser Zeit weiß ich nicht sonderlich viel. Ich gehörte zu den ¾ aller Mitreisenden, die in diesen Stunden die Horizontale der Senkrechten vorzogen und eine Menge Schlaf nachholten. Gott sei Dank ist eines der Hauptsymptome der Seekrankheit akute Müdigkeit. Wenn man also nicht von den Wellen aus dem Bett bugsiert wird, geht schlafen eigentlich immer, und wenn man schläft, ist einem nicht schlecht. Juchuu!



Dann waren wir angekommen bei Bjørnøya, der Bäreninsel: einem Stück Fels mutterseelenallein in der Barentssee. Es erstaunt mich immer, warum diese einsamen Inseln da sind, wo sie sind. Weshalb gibt es hier sonst weit und breit kein Land? Bjørnøya ist nicht wirklich klein: 20 mal 15 Kilometer groß, insgesamt 178 Quadratkilometer, also eine ordentliche Insel mit bis zu 563 Meter hohen Bergen und ziemlich steilen Klippen. Leider waren die Windverhältnisse so, dass wir nur an der Westküste anlanden konnten, und dort nur an einer einzigen Stelle, nämlich bei Ærfuglvika. Es war wunderbar, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und diese extrem karge Insel zu erkunden, auf der kaum etwas wächst. Dennoch gibt es auch dort einiges an „Kulturdenkmälern“: verfallene Häuser und Gerätschaften von verschiedensten Unternehmungen. Hier beispielsweise die Überreste der Bergbausiedlung Tunheim, in der 1915-25 bis zu 80 Personen lebten, um Steinkohle abzubauen.



Bären gibt es auf der Bäreninsel übrigens nur sehr selten. Wenn im Frühjahr das Packeis bis in die Nähe der Insel getrieben wird, können sich mal Eisbären an Land verirren. Dort aber wirklich einen Bären anzutreffen, geschieht selten. Benannt wurde die Insel nach einem Eisbärenweibchen, das die offiziellen Entdecker des Eilandes (Willem Barentsz und seine Mannschaft) hier im Jahr 1596 töteten. Sie waren extrem beeindruckt von dem "langen und mühseligen" Kampf mit dem Tier, das einfach nicht sterben wollte - wohl auch, weil die Kugeln ihrer primitiven Gewehre entweder nicht trafen oder nicht durch die dicke Schädeldecke durchdrangen.


Ich hätte gerne mehr Zeit auf der Insel verbracht, denn besonders die Südspitze ist landschaftlich sehr reizvoll. Von der wilden Brandung ausgewaschene Felsen, steile Klippen und viele Felsnadeln ragen dort aus dem Meer, während tausende von Seevögeln die Felsen umkreisen, in denen sie nisten. Wegen der starken Dünung war an eine Zodiacfahrt leider nicht zu denken, aber selbst aus der Ferne vom Schiff aus war die Landschaft beeindruckend.



Weil keine weitere Landung möglich war, setzten wir Kurs nach Spitzbergen. Zu unserer großen Überraschung (und Freude!) beruhigte sich die Barentssee von Stunde zu Stunde, sodass die Überfahrt nicht nur ertragbar, sondern regelrecht angenehm war. Ich war in der Lage, einen Vortrag über Wale zu halten, denn genau diese hofften wir hier zu finden. Und tatsächlich: als sich das Meer nachts in einen riesigen Spiegel verwandelte, welcher die warmen Farben der Mitternachtssonne in wunderbaren Mustern brach, waren sie plötzlich da, die größten Säugetiere unseres Planeten.



Samstag, 6. Juni 2015

Mit Bus und Bahn auf die Lofoten

Wenn bei uns in Deutschland der Frühling in den Sommer übergeht, dann endet oben in der Arktis so langsam der Winter. Die meisten Expeditionsschiffe machen sich daher irgendwann im Mai so langsam auf den Weg Richtung Norden: sie fahren meistens die norwegische Küste entlang und dann mit kurzem Stopp auf der Bäreninsel weiter nach Longyearbyen.

Meine Anreise nach Spitzbergen.
Gelb: +2000 Kilometer  mit Bahn und Bus.
Blau: Besuch auf Værøy (100 km pro Strecke)
Grün: Segeltörn von Bodø nach Longyearbyen (auch +2000 Kilometer)

Wenn mich eines an diesem Job des Guides und Fotografen so richtig stört, dann ist es die ganze Fliegerei und die damit verbundenen Emissionen. Da die Kosten der Flüge meistens vom Arbeitgeber übernommen werden, lassen sich die meisten meiner Kollegen munter durch die Welt fliegen, und wenn sie einmal ein bis drei Wochen lang keinen Job haben, fliegen sie halt nach Hause - das geht schnell und ist bequem und einfach. Ich persönlich kann das aber nicht wirklich mit meinem ökologischen Gewissen vereinbaren. Wie kann ich andere dazu auffordern, den Klimaschutz ernstzunehmen, wenn ich selber mehrmals im Jahr um die Welt fliege? Dieser Widerspruch lastet mir schon lange schwer im Magen, weswegen ich versuche, auf verschiedenen Wegen Flüge einzusparen. Ich plane meine Jobs und Reisen mittlerweile so, dass ich lange am Stück arbeite (also nicht mehrmals in der Saison hin- und her fliege) beziehungsweise mir statt Flüge Hotelübernachtungen bezahlen lasse, auf gewisse Reisen ganz verzichte oder mich privat anders organisiere. Ganz nach dem Motto: nur ein Flug, den ich nicht antrete, ist ein guter Flug!
 

Eine sogenannte Glorie: eine Lichterscheinung durch Rückstreuung von Licht an feinverteilten,
kugelförmigen Tropfen.Wenn ein Flugzeug in Wolken hineinfliegt, kann man um den Schatten
herum recht häufig eine solche Glorie sehen - man muss nur hinschauen! :-)


Dementsprechend begeistert war ich, als mir dieses Jahr erstmalig eine Überfahrt von Norwegen nach Spitzbergen angeboten wurde. Die zweiwöchige Reise auf der Barkentine Antigua (einem holländischen Dreimaster) sollte von Bodø in Mittelnorwegen starten, also schon ziemlich hoch im Norden. Eine Barkentine ist übrigens eine bestimmte Art von Segelschiff: ein Dreimaster, von denen der erste Mast ein Rahsegel trägt (ein „Piratenschiff-Segel“) und die anderen beiden sind Schratsegel (normalerweise Dreiecks-Segel, wie wir sie von den kleinen Jachten kennen). Jetzt fange ich also auch schon an, mich mit Seemanns-Fachbegriffen auszukennen... ;-)
Aber zurück zum eigentlichen Thema: meiner Anreise nach Norwegen. Wenn man ein wenig Zeit hat (so viel braucht es gar nicht) und vor allem den Willen mitbringt, dann lässt sich die Strecke von Deutschland zum norwegischen Polarkreis ohne Probleme mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen. Es ist möglich, die 2000+ Kilometer in zwei Tagen zurückzulegen: und das (mit ein bisschen Planung) sogar ohne großen finanziellen Mehraufwand.
Ich hatte es definitiv nicht eilig, und so suchte ich mir günstige Verbindungen mit Fernbussen und Bahnen, kontaktierte Freunde in Dänemark und Norwegen, und machte mich zehn Tage vor dem Beginn der Spitzbergenreise auf den Weg.

Vier Tage war ich bis Bodø in Bus und Bahn unterwegs, traf besagte Freunde, unternahm zwischendurch sogar noch eine kleine Wanderung, und genoss das Reisen durch die vielfältigen Landschaften und Klimazonen. Ich sah Rehe, Hasen, viele verschiedene Vögel (u.a. Fasane und Kraniche), mehrere Trauermäntel (Schmetterlinge) und die Raupe eines Bärenspinners, und weiter im Norden durften natürlich Rentiere und Elche nicht fehlen. Die Reise war angenehm und interessant und hat mir ehrlich Spaß gemacht.



Selfie auf Deutsch: mit selbst geschmierter Stulle an einem norwegischen See.
Ich habe keine Ahnung, wie der hieß... War bei Oslo, da gibt's ne Menge davon!

Fünf Tage zu früh traf ich in Bodø ein. Ich hatte mir noch keine großen Gedanken gemacht, was ich dort unternehmen könnte, allerdings war eines völlig klar: die Stadt selbst interessierte mich überhaupt nicht. Ich hatte Zelt und Schlafsack dabei und hervorragende Wetteraussichten. Da die Touristeninformation geschlossen hatte (in Norwegen beginnt die Saison erst am 1. Juni, bis dahin sind die Bürgersteige hochgeklappt - zumindest für Touristen...) und ich echt keine Ahnung hatte, was ich denn wohl machen könnte, ging ich zur Fähre unten am Hafen und fragte die Ticketverkäuferin, welche Destination sie mir denn empfehlen könne. Sie lachte und antwortete ohne zu zögern: „Værøy!“

Das war mal eine klare Ansage. Darum kaufte ich sofort ein Ticket (20€ - da kann man echt nichts sagen!) zu diesem mir unbekannten Ort (eine Insel, das war das einzige, was ich wusste) und suchte mir ein sonniges Plätzchen an Bord. Dort fand ich heraus, dass die Fähre Richtung Lofoten fuhr und ich nach etwa fünf Stunden ankommen würde. Es mag vielleicht verrückt erscheinen, aber dieses völlig unvorbereitete Reisen liebe ich total! Ich hatte gar nicht vorgehabt, die Lofoten zu besuchen, aber da sich die Chance ergab - ja, warum denn nicht?
 

Unser erster Stopp aber war Røst, die am westlichsten gelegene Lofoteninsel, von der man einen tollen Ausblick auf das gesamte Archipel hat. Hier leben etwa 400 Menschen hauptsächlich vom Fischfang. Berge sieht man hier allerdings nur aus der Ferne, denn die Insel ist ziemlich flach. Ich war ganz dankbar, hier nicht von Bord zu gehen: der Blick auf die Lofoten war zwar schön, aber ... Ich wollte näher ran an die fotogenen Berge!

Etwas über eine Fährstunde weiter Richtung Nord-Osten liegt Værøy. Die Insel ist insofern "lofotiger", als dass sie über 400m hohe, steile Berge besitzt, die schon aus der Ferne mein Interesse weckten. Und tatsächlich hat mir dieses 18 Quadratkilometer große Eiland sehr gut gefallen.


Die Insel ist groß und vor allem bergig genug, um auch wilde, unbesiedelte Landschaften zu beheimaten. Der Siedlungskern auf Værøy ("Sørlandet") liegt im Osten der Insel, von wo aus man einen tollen Blick auf die weit entfernte norwegische Küste hat.
Im Westen und Süden der Insel finden sich unbewohnte, steile Küsten, die zu einigen Wanderungen einladen und sehr fotogen sind. Und von den Bergen öffnen sich einem tolle Ausblicke auf die Lofoten. Zu denen scheinen sich die Bewohner Værøys übrigens nicht zugehörig zu fühlen. Für sie besteht die Umgebung aus den Inseln Røst und Moskenes - dann erst beginnen die Lofoten.






Blick auf den 296 Meter hohen Berg Hornet und weiter auf die Insel Mosken und die dahinterliegenden Lofoten

Vier Nächte blieb ich auf Værøy und verbrachte die Tage mit Wandern, Fotografieren und Faulenzen. Ich lernte sehr nette Menschen kennen, die mich beispielsweise per Anhalter vom einen Ende der Insel zum anderen mitnahmen oder mich beim Nationalfeiertag zu Kaffee und Kuchen einluden. Ich sah viele verschiedene Vögel (u.a. Seeadler!), Lichtstimmungen und Landschaften. Kurzum: ich hatte eine wunderbare Zeit!



Ganz besonders genoss ich die Sonnenuntergänge: es waren meine letzten des Sommers. Hier, auf 67°Nord, ging die Sonne Mitte Mai nur noch drei Stunden unter, dunkel wurde es also schon nicht mehr, aber die warmen und blauen Farben der Dämmerung traten noch ein. Auf Spitzbergen steht schon seit Ende April die Mitternachtssonne am Himmel und wird das auch bis Ende August noch tun. Da mich also in den nächsten Wochen und Monaten 24-stündiges Mittagslicht erwarten wird, nahm ich die letzten warmen Sonnenstrahlen ganz bewusst wahr...