In Bodø ging ich an Bord der Antigua, meinem ersten Segelschiff. Ich war zwar schon auf der Rainbow Warrior II, aber sie war ein zu einem Segelschiff umgebauter Fischkutter. Dies ist einfach nicht dasselbe wie ein Schiff, das von Anfang an mit Segeln geplant war und folglich ganz anders (auf)gebaut wurde.
Die Antigua ist die gesamte Arktis-Saison auf und um Spitzbergen unterwegs, weswegen ich sie schon oft von anderen Schiffen aus gesehen habe - und mir jedes Mal wünschte, auch einmal an Bord zu sein. Nun war es soweit! Bei mäßigem Wetter setzten wir zu den Lofoten hinüber und segelten in drei Tagen an deren Südküste nach Nordosten bis hinauf zu den Vesterålen. Wann immer es ging, setzten wir die Segel: was für ein tolles Gefühl es ist, ganz ohne Motor nur vom Wind vorwärtsgetrieben zu werden!
Ich war hin und her gerissen zwischen Begeisterung
und Seekrankheit. Mein Magen bzw. Innenohr wollen sich einfach nicht
ans Schiffsgewackel gewöhnen - aber nun ja, da müssen wir gemeinsam
durch. Und ich bilde mir außerdem ein, dass es jedes Jahr besser
wird - zumindest auf den Motorschiffen. Aber diese Besserung ist so gering, dass ich sie mir vielleicht nur einbilde - nun ja, aber wenn es hilft, mich besser zu fühlen, soll mir auch ein Placeboeffekt recht sein! :-)
Leider schaukelt solch ein Segelschiff dann doch um einiges mehr als größere, schwere Fähren - aber das ahnte ich ja. Von daher will ich mich nicht beschweren und freue mich statt dessen an dem Gedanken, ein paar Fische satt gemacht zu haben... Irgendwer profitiert halt immer! ;-)
Leider schaukelt solch ein Segelschiff dann doch um einiges mehr als größere, schwere Fähren - aber das ahnte ich ja. Von daher will ich mich nicht beschweren und freue mich statt dessen an dem Gedanken, ein paar Fische satt gemacht zu haben... Irgendwer profitiert halt immer! ;-)
Bis Tromsø hielten
wir uns in Landnähe auf, unternahmen jeden
Tag einen Ausflug entlang der Strecke und hatten dabei totales
Wetterglück. Folgend ein paar Eindrücke, aufgenommen auf den Vesterålen (nördlich der Lofoten).
Nach Tromsø war Schluss mit lustig: jetzt ging es hinauf aufs offene Meer mit direktem Kurs nach Bjørnøya. Zwei Nächte und einen Tag waren wir unterwegs, und von dieser Zeit weiß ich nicht sonderlich viel. Ich gehörte zu den ¾ aller Mitreisenden, die in diesen Stunden die Horizontale der Senkrechten vorzogen und eine Menge Schlaf nachholten. Gott sei Dank ist eines der Hauptsymptome der Seekrankheit akute Müdigkeit. Wenn man also nicht von den Wellen aus dem Bett bugsiert wird, geht schlafen eigentlich immer, und wenn man schläft, ist einem nicht schlecht. Juchuu!
Dann waren wir angekommen bei Bjørnøya, der Bäreninsel: einem Stück Fels mutterseelenallein in der Barentssee. Es erstaunt mich immer, warum diese einsamen Inseln da sind, wo sie sind. Weshalb gibt es hier sonst weit und breit kein Land? Bjørnøya ist nicht wirklich klein: 20 mal 15 Kilometer groß, insgesamt 178 Quadratkilometer, also eine ordentliche Insel mit bis zu 563 Meter hohen Bergen und ziemlich steilen Klippen. Leider waren die Windverhältnisse so, dass wir nur an der Westküste anlanden konnten, und dort nur an einer einzigen Stelle, nämlich bei Ærfuglvika. Es war wunderbar, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und diese extrem karge Insel zu erkunden, auf der kaum etwas wächst. Dennoch gibt es auch dort einiges an „Kulturdenkmälern“: verfallene Häuser und Gerätschaften von verschiedensten Unternehmungen. Hier beispielsweise die Überreste der Bergbausiedlung Tunheim, in der 1915-25 bis zu 80 Personen lebten, um Steinkohle abzubauen.
Bären gibt es auf der Bäreninsel übrigens nur sehr selten. Wenn im Frühjahr das Packeis bis in die Nähe der Insel getrieben wird, können sich mal Eisbären an Land verirren. Dort aber wirklich einen Bären anzutreffen, geschieht selten. Benannt wurde die Insel nach einem Eisbärenweibchen, das die offiziellen Entdecker des Eilandes (Willem Barentsz und seine Mannschaft) hier im Jahr 1596 töteten. Sie waren extrem beeindruckt von dem "langen und mühseligen" Kampf mit dem Tier, das einfach nicht sterben wollte - wohl auch, weil die Kugeln ihrer primitiven Gewehre entweder nicht trafen oder nicht durch die dicke Schädeldecke durchdrangen.
Ich hätte gerne mehr Zeit auf der Insel verbracht,
denn besonders die Südspitze ist landschaftlich sehr reizvoll. Von der wilden Brandung ausgewaschene Felsen, steile
Klippen und viele Felsnadeln ragen dort aus dem Meer, während tausende von Seevögeln die Felsen umkreisen, in denen sie nisten.
Wegen der starken Dünung war an eine Zodiacfahrt leider nicht zu
denken, aber selbst aus der Ferne vom Schiff aus war die Landschaft
beeindruckend.
Weil keine weitere Landung möglich war, setzten wir
Kurs nach Spitzbergen. Zu unserer großen Überraschung (und Freude!)
beruhigte sich die Barentssee von Stunde zu Stunde, sodass die
Überfahrt nicht nur ertragbar, sondern regelrecht angenehm war. Ich
war in der Lage, einen Vortrag über Wale zu halten, denn genau diese
hofften wir hier zu finden. Und tatsächlich: als sich das Meer
nachts in einen riesigen Spiegel verwandelte, welcher die warmen
Farben der Mitternachtssonne in wunderbaren Mustern brach, waren sie
plötzlich da, die größten Säugetiere unseres Planeten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen