Am Wochenende war ich auf einem Skifestival - allerdings nicht etwa um mit verrückten Norwegern enorme Mengen Alkohol zu trinken oder irgendwann um die Mittagszeit Berge mit Ski zu erklimmen, sondern um besagte bekloppte Norweger nachts vor Eisbären zu beschützen. Sobald eine größere Gruppe mit Zelten irgendwo übernachtet lohnt sich die Anschaffung einer Eisbärenwache. Dies ist ein Job der mir enorm gut gefällt - ich bin dann wach wenn alle anderen schlafen und kann die Natur in vollen Zügen genießen. So wie hier um 3 Uhr nachts. Die Daunenjacke war bei den maximal -4°C vielleicht etwas übertrieben, aber wenn ich müde bin dann friere ich schnell. Und die Nacht war da ja noch jung...
Nach einem Jahr regelmäßigen Umgangs mit Waffen erscheint es mir mittlerweile surreal normal, die Patronen ins Magazin zu laden und die Signalpistole immer am Gürtel zu haben - dennoch hoffe ich jedes Mal, es niemals zum Einsatz bringen zu müssen. Wer einen Eisbären erschießt der hat vorher in den meisten Fällen Fehlentscheidungen getroffen - daher nehme ich auch immer obligatorisch die Signalpistole mit. Diese ist wesentlich wertvoller und wichtiger als das Gewehr, welches bei aufmerksamen, vorausdenkenden Beobachtern idealerweise nie zum Einsatz kommen wird.
Eisbären, das will ich direkt sagen, habe ich natürlich wieder nicht gesehen. Aber da mache ich mir keinen Stress: Ich werde dem "König der Arktis" schon noch in freier Wildbahn begegnen! Und bis dahin fotografiere ich die Tiere, die mir irgendwie ständig vor die Linse laufen: Rentiere! Ich habe diese Viecher richtig lieb gewonnen - knuffig sind sie und teilweise wirklich niedlich! Schon mehrmals haben mich Gäste gefragt, ob diese wolligen weißen Tiere (Wolfs-)Hunde seien. Für manche Leute sind sie einfach zu klein, zu weiß und ohne Geweih zu unrentierhaft, um sie als Wiederkäuer zu erkennen!
Wenn ich nach der Eisbärenwache tagsüber dann irgendwann aufwachte, machte ich mich auf den Weg, die Gegend zu Fuß zu erkunden. Mein Ziel war zwar eigentlich der Vogelfelsen im Hintergrund des ersten Bildes - aber so weit kam ich gar nicht. Der ganze Hang bestand aus Sandstein, welcher wunderbare Fossilien enthielt - folglich verbrachte ich den halben Tag mit dem Suchen nach versteinerten Meerestieren. Dabei kam ich dann irgendwann ins (Brut-)Revier eines Schneehahns, der mich neugierig beobachtete. Klar, dass ich die Situation ausnutzte und mich ihm vorsichtig näherte. Jetzt in der Balz- und Brutsaison sind die Schneehähne noch weniger scheu als sonst auch. Und so kam ich dann bis auf wenige Meter an den stattlichen Burschen heran, der übrigens im Gegensatz zu seinen subarktischen Verwandten sein Winterkleid den ganzen Sommer über nicht ablegen wird. Ein paar braune Federn wird er bekommen und so scheckig bleiben, wie die Landschaft.
Ich hatte das Glück dass am gleichen Ort auch die beiden Rentiere waren, die ich oben schonmal zeigte - zwei sehr junge, kleine Tiere, die extrem neugierig waren. Erst auf mich und dann auf den Schneehahn, der allerdings nicht wirklich begeistert war von den beiden aufdringlichen Paarhufern. Für einen Augenblick ergab sich ein einzigartiges Motiv: eine kurze Begegnung zweier weißer Spezies.
Die Situation dauerte nur ein paar Sekunden - dann trabten die beiden Troublemaker (wieder) auf mich zu und gesellte sich dem Hahn seine Henne anbei. Nur jetzt in der Paarungszeit sind Hahn und Henne komplett aufeinander fixiert, und dies war das erste Mal überhaupt dass die Henne nicht so scheu war, dass sie gleich die Flucht antrat. Im Gegenteil: von den Rentieren aufgeschreckt hüpfte Madam Schneehuhn auf den Felsen ihres Partners und beäugte mich dann genau wie die anderen drei - in einer Mischung aus Neugierde und Skepsis. Es war ein für mich unerwartetes und wunderbares Erlebnis - vielmals besser als verkatert irgendwelche Skitouren zu unternehmen! ;-)