Sonntag, 16. August 2009

Ein erster Eindruck...


Ich war gerade erst in Parken Gård angekommen und hatte einen ersten, kurzen Blick auf meine "Villa Rosenduft" geworfen, als ich von Tore zum Mittagessen abgeholt wurde. Auf dem Weg zu seinem zwei Kilometer entfernet Haus scherzte ich, dass meine Unterkunft doch eigentlich "Villa Hundeduft" heißen müsste, woraufhin Tore nur grinste. Im Nachhinein bin ich erstaunt, dass er mich verstanden hat, denn in den kommenden Tagen sollten wir zwei es fast zu 100% immer schaffen, einander NICHT zu verstehen - er, weil er so schnell und genuschelt im hiesigen Dialekt sprach, und ich, weil ich einen Mischmasch aus Deutsch und Isländisch von mir gab, der noch weit davon entfernt war, Norwegisch zu sein.

In Norwegen "Middag" zu essen bedeutet, die größte warme Mahlzeit des Tages zu sich zu nehmen, und zwar irritierenderweise um 16 Uhr. Das ist wohl der norwegische Mittag. Mittagessen heißt in Norwegen "lunsj", findet um 11 Uhr statt und ist eine üppige Brotmahlzeit. Frühstück ("frokost") wird hier eher vernachlässigt, und zum Abendessen ("kveldsmat") verspeist man auch eher Reste oder Brot - es sei denn, man sitzt mit Freunden zusammen am Lagerfeuer und grillt seinen frischgefangenen Fisch, was oft Sonntags der Fall ist. Das zumindest behauptete Tores Familie, als wir uns beim Nachmittagsessen/Middag gegenseitiges Löcher in die Bäuche fragten. So erfuhr ich auch, dass fast jedes zweite Haus in Langfjordbotn zur Familie gehört: die Karlstrøms sind eine kinderreiche Familie und haben diese Gegend so lieb gewonnen, dass sie alle hier geblieben sind. Eltern, Onkel, Tanten, Kinder, Cousinen - alle heißen sie hier Karlstrøm. Diejenigen, die das nicht tun, so scherzten sie, seien ehemalige Arbeiter und Handler, die sich hier niedergelassen hatten...

Langfjordbotn ist eigentlich nur eine Gemeinde ohne wirkliches Zentrum: vielleicht 50 Häuser und Sommerhäuser, die an zwei Durchgangsstraßen am "Ende des langen Fjordes", wie Langfjordbotn übersetzt bedeutet, angesiedelt sind. Wo das genau ist, kann man bei Google Maps schön sehen, sowohl auf einer Karte als auch auf Satellitenbildern. Hier der Link: Google Maps: Langfjordbotn, Alta

Aber zurück zum Nachmittagsessen: dort erfuhr ich, dass mein Chef Arne seit zwei Wochen von seltsamen Schmerzen in Knochen und Gelenken geplagt wurde und er deshalb mit Frau und Kindern ins 250km entfernte Tromsø gefahren war, um die Ursache der Krankheit zu erforschen. Gegen Abend würden sie zurückkehren.
Ich dachte schon, dass ich dann ja Zeit hätte, um mich ein wenig umzusehen - aber das war ein wenig voreilig geschlussfolgert! Tore nämlich, offensichtlich gelangweilt und neugierig ohne Ende, schleppte mich direkt zum abendlichen Melken: Parken Gård hat nämlich außer den Hunden noch 35 Milchkühe, die in einem erst fünf Jahre alten Stall untergebracht sind.


Und da ich den Fehler gemacht hatte, zu erwähnen, dass ich in Island schon auf Farmen gearbeitet habe, war mein Schicksal besiegelt: um 18 Uhr gingen Tore und ich in den Stall, molken die Kühe und fütterten diese und diverses Jungvieh. Bei Tores genauer Einweisung und prüfenden Testfragen war mir klar, dass es sich hierbei um einen Arbeitstest handelte. Ich fragte noch nicht nach, jedoch deutete alles darauf hin, dass ich mir ein paar Kronen dazu verdienen könne. Mein Hundejob war ja ohne Verdienst - jedes Zubrot war mir also herzlich willkommen!

Irgendwann, Tore wies mich gerade in den Gebrauch des Heuverteilers ein, hörte ich mehrere Stimmen und sah einige wohlgenährte Menschen hereinkommen: einen großen Mann, eine kleine Frau, ein noch kleineres Mädchen und einen Jungen. Es handelte sich um meine Arbeitgeberfamilie: um Arne (46), Marianne (42), Mina (9) und Isak (12). Sie waren schon längst per Telefon darüber informiert worden, dass ich angekommen war und offensichtlich sehr neugierig, mich kennen zu lernen. Wir verstanden uns auf den ersten Eindruck gut!

Die Karlstrøms, und damit meine ich jetzt meine Karlstrøms und nicht alle hier im Tal lebenden Menschen gleichen Nachnamens, sind sehr ruhige, offene und gleichzeitig energische Menschen. Besonders positiv überrascht haben mich die Kinder, die ruhig und wohlerzogen sind, ein Ja von einem Nein unterscheiden können und immer erst fragen bevor sie etwas tun. Damit sind sie so ziemlich das Gegenteil von isländischen Gören und vermutlich auch von mir in dem Alter! So kann selbst ich Kinder ertragen!
Arne wird auch der "Gigant aus Langfjord" genannt, dabei ist er mit schätzungsweise 190cm jetzt nicht sooo ungewöhnlich groß. Neben seiner Frau wirkt der ruhige Mann aber wahrlich wie ein Riese: Marianne ist maximal 155cm groß. Die beiden zusammen zu sehen ist wirklich ein lustiger Anblick!

Es dürfte kaum jemanden verwundern, dass ich meine Gastfamilie nicht fotografiert habe - Menschen sind mir die langweiligsten Fotomotive, die ich mir vorstellen kann. Damit die beiden aber auch einmal im Bild vorgestellt werden, hier ein Foto, das ich im Internet fand und die beiden vor einem Rennen zeigt.

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