Montag, 31. Mai 2010

Im Asche-Smog

Im Nachhinein erscheint es wirklich geradezu hinterhältig vom Eyjafjallajökull: über einen Monat lang blieb die Þórsmörk von Asche verschont. Aber dann, vier Tage bevor der Vulkan seine Aktivität vorerst einstellte, regnete es Asche vom Himmel, und das nicht zu knapp. Davon berichtete ich ja vor einer Woche. Selbst in Landmannalaugar liegen nun ein paar Millimeter Asche, und spätestens ab der Emstrur-Wüste ist alles grau. Asche, wohin man nur schaut - alles ist schwarz (bei Nässe) bzw. grau (bei Trockenheit)! In den grünen, vegetationsreichen Tälern nördlich des Gletschers hatte sich die nasse Asche wie Zement um alles gelegt und die Vegetation regelrecht unter sich begraben. Die Birken bogen sich teilweise unter der Last der Asche - es war alles irgendwie nicht real!

Die Vegetation hat sich extrem schnell erholt: der Wind hat die Bäume von der Asche befreit, und die Pflanzen sprießen nun in der Wärme des Frühjahr rasant. Vermutlich auch wegen des Düngeeffektes der Asche: auf jeden Fall sehen die Wälder hier nun wieder grün aus, überzogen allerdings von einem grauen Ascheschleier.

Der Vulkan ist seit dem 24. Mai zur Ruhe gekommen, aber offiziell nicht inaktiv. Es baut sich wohl wieder Druck im Erdinneren auf: die Wissenschaftler sind sich jedenfalls einig, dass es zu einem weiteren Ausbruch kommen wird. Es brodelt noch immer im Krater, ab und an gibt es kleine Ascheexplosionen, die vom Umland aber nicht gesehen werden können. Wir sehen lediglich eher unscheinbare, schneeweiße Wolken aus dem schwarzen Gletscher aufsteigen.


Asche ist seit meinem letzten Blogeintrag keiner mehr gefallen - aber in der Luft ist sie dennoch. In den frühen Morgenstunden, wenn die Luft noch feucht ist, ist die Sicht meist gut, fast normal, genau wie in den Stunden nach einem Regenschauer. Dann sieht die grau-schwarze Landschaft faszinierend aus: die Gletscher pechschwarz bis auf die Spalten, die Berge grau-braun, und irgendwo wirbelt immer eine Aschestaubwolke herum.


Sobald die Asche trocknet, wird sie vom Winde verweht: erst in kleinen Windhosen und Staubfahnen, später dann in bodennahen Wolken, und wenn es dann ein paar Tage lang trocken war, so wie momentan, steht die Luft vor Asche. Die Feinstaubbelastung im Umland des Vulkans ist jenseits aller empfohlenen Richtwerte, Südisland läuft gerade mit Staubmasken umher und hält sich, wenn es so extrem ist wie heute, so wenig im Freien auf, wie irgend möglich. Akute Gesundheitsgefahr besteht für gesunde Menschen angeblich nicht, und aus dem Auto heraus ist das alles auch ein Erlebnis - aber gesund kann dennoch nicht sein, diese winzigen, scharfkantigen Aschepartikel einzuatmen. Nun ja, ich kann es nicht ändern, denn ich werde noch mindestens eine Woche hier bleiben. Böse bin ich deswegen überhaupt nicht, im Gegenteil: noch nie habe ich als Hüttenwart so wenig gearbeitet, wie in den vergangenen zwei Wochen! Helga und ich nehmen es gelassen: es ist ja ohnehin niemand da, warum also Eile walten lassen? Nach zwei Wochen haben wir die Hütten in Langidalur so weit von Asche befreien können, dass wir nun eigentlich Touristen empfangen könnten. Eigentlich. Denn die Touristen und Schaulustigen bleiben immer noch aus, da die Straße weiterhin geschlossen gehalten wird. Warum, wissen wir nicht genau, aber der Räumdienst war mittlerweile da und hat die Straße wieder zugänglich gemacht. Eigentlich müsste der Verkehr in den nächsten Tagen wieder freigegeben werden - zumindest so lange, wie der Vulkan ruht!

Blick vom Valahnjúkur Richtung Osten zum (schwarzen) Gletscher Mýrdalsjökull:
die roten Dächer im kleinen grünen Tal gehören zu unserer frisch geputzten Hütte!


Ob dann aber jemand kommen wird, und wenn, in welchem Maße, weiß niemand. Es herrscht gerade stundenweise ein solcher Asche-Smog, dass man teilweise keine 50 Meter weit sehen kann und sich allein deshalb schon kaum jemand freiwillig herwagt.

Ein paar Verrückte gibt es allerdings immer: zwei Zeltgäste durften wir schon begrüßen. Zum einen ein Deutscher, der über die Fljótshlið nach Emstrur und dann zu uns wanderte, um den Pass nach Skógar zu überqueren. Er war wegen des Vulkans hergekommen und fand die Asche super: genau wie auch der zwei Tage nach ihm eintreffende Franzose, der dieselbe Tour in umgekehrte Richtung durchzog. Theoretisch könnte man jetzt auch schon nach Landmannalaugar wandern: es liegt kein Schnee mehr; die Verhältnisse sind jetzt schon so, wie normalerweise Ende Juni. Das liegt zum einen an einem schneearmen Winter und zum anderen am abnormal warmen Maimonat. Das einzige Problem ist die Asche: und die ist momentan wirklich unangenehm. Am besten kann man das mit Bildern vermitteln: darum will ich an dieser Stelle auch mit dem Schreiben aufhören und die Bilder sprechen lassen.
Bis auf irgendwann mal wieder!

Als Vergleich: oben sieht man Húsadalur vor drei Wochen,
und unten in etwa derselbe Blickwinkel fünf Tage nach dem Ascheregen.


Asche-Sturm im Sonnenschein:
der Aufenthalt draußen ist sehr unangenehm, aber die Sicht aus dem Fenster faszinierend!


Langidalur, 30.05.10, 18:53 Uhr. Wie ihr seht, sieht man nicht viel...

Zeitweise ist es dann wieder sehr schön: vom Valahnjúkur hatte man
ein paar Stunden später eine fantastische Aussicht auf die aschegepeitschte Landschaft

1 Kommentar:

  1. Hallo Kerstin

    danke fuer den Bericht und natuerlich die Bilder.
    Der Knaller waren fuer mich die Vergleichsbilder von Húsadalur.
    Bei den anderen Bildern kriege ich irgendwie immer gleich Husten ;-)
    Der Weg des Franzosen bereitet mir Stirnrunzeln:
    Ist Fimmvörðurháls nicht noch Sperrgebiet und wie schwierig war es wohl ueber die warme Lava zu kraxeln? Kurzum, hat er was etwas darueber zu berichten gewusst oder war die knappe Auskunft nur "no problem" ;-)

    machs gut und bleib gesund
    Thomas

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