Freitag, 14. Mai 2010

Back to boring safety

Genau einen Monat nach Beginn des Ausbruchs des "Vulkans mit dem unaussprechlichen Namen" befinde ich mich nun wieder in Reykjavík und erkläre meine Vulkanfotojagd hiermit (vorerst) für beendet. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber: so langsam wird es langweilig! Zum einen, weil die Nächte nicht mehr dunkel genug werden, um das Leuchten der Lava so intensiv zu sehen, und zum anderen, weil mir gerade in den letzten zwei Wochen so ziemlich alle Fotos gelungen sind, die ich machen wollte bzw. die von meiner Position aus möglich waren. Ich blicke wirklich auf eine ganz fantastische Zeit zurück!


Unmittelbar nach meinem letzten Blogeintrag gab es eine Erdbebenserie direkt unter dem Vulkan: neue Magma strömte aus der Tiefe nach und gab dem Ausbruch neue Kraft. In den Tagen zuvor hatte die Explosivität des Vulkans nachgelassen und strömte statt Asche vermehrt Lava Richtung Þórsmörk. Die neu nachströmende Magma änderte das wieder: statt Lava wird nun wieder Asche in die Luft gepustet. Für die armen Bauern südlich des Gletschers bedeutet das anhaltenden Ascheregen. Für mich auf der Nordseite des Eyjafjallajökull bedeutete das: der Lavastrom brach sich nicht durch das Eis und ergoss sich nicht in das Tal, über dem ich begierig genau darauf wartete.
Damn it!

Nun, immerhin hatte ich daraufhin Zeit, mich auch einmal anderen Ansichten zu widmen. Hier zum Beispiel sieht man mein Zuhause der letzten zwei Wochen: das Jugendherbergs-Hüttendorf Húsadalur, bei dem ich täglich nachmittags und regentäglich ganztags als freiwilliger Hilfshüttenwart und ebenso freiwilliger Essensvernichter half. Viel an planmäßiger Arbeit war nicht zu tun, weil sich wegen des Ausbruchs kaum einer in die Þórsmörk verirrt. Darum war ich hauptsächlich mit Gartenarbeiten beschäftigt, was aber wirklich nicht langweilig war im Schatten der grummelnden, grauen Aschewolke!


Toll war auch der Schneehahn, der mich nach einer Woche auf der Endmoräne des Gilsjökull als Teil des Berges zu akzeptieren schien - ganz nach dem Motto: der Vulkan befördert schon lustige Steine zutage... Er kam jeden Abend vorbei, um nach dem rechten zu sehen, brachte sogar zweimal sein Weibchen mit, das mir allerdings in keiner Weise über den Weg traute und ihn beschimpfte, dass er sich mir so furchtlos näherte. Ihn aber störte das Gehabe seiner Dame gar nicht: er fand mich offensichtlich interessant genug, um täglich ein paar Minuten bei mir zu verbringen, und ließ mich schlussendlich bis auf zwei Meter an sich heran. Habituation aus dem Lehrbuch - ich jedenfalls habe mich sehr über diese Bekanntschaft gefreut!


Ich hörte in den Medien, dass die neue Magma aus sehr großer Tiefe entspringt. Das sind schlechte Neuigkeiten für die Isländer, denn: würde die Magma wie vermutet einer mehr oder weniger abgeschotteten Magmablase entstammen, dann würde dem Vulkan früher oder später der Zunder ausgehen. Besteht aber eine direkte Verbindung zum Erdinneren, dann sind dem Ausbruch keine Grenzen gesetzt: so wie es momentan ausschaut, könnte dieser Berg monatelang in dem Maße Asche in die Luft schleudern! Genauso gut könnte der Ausbruch auch morgen einfach aufhören: niemand weiß es, selbst die Vulkanologen können eigentlich nichts weiter machen, als momentane Trends zu liefern und mögliche Entwicklungen aufzuzählen.

Die Veränderungen seit der zweiten Phase des Ausbruchs waren jedenfalls groß. Wie auf dem folgenden Bild zu sehen hörte die Lava auf zu fließen, was sich in einer extrem verminderten weißen Rauchwolke zeigte und darin, dass der bisher sehr stark Wasser führende Fluss im Tal so gut wie trocken war: die Lava verdampfte weder Eis noch schmolz sie dieses. Statt dessen kann man nun den Lavastrom als schwarzes Zickzackmuster im oberen Teil des Gletschers erkennen. Die schwarze Lavakruste bricht immer mal wieder zeitweise auf und glüht dann stellenweise: aus der Ferne sieht man das zwar nur als kleine, glühende Punkte, aber man sieht es!


Die gravierendste Änderung war allerdings die Höhe der Lavafontänen. Ich habe bis heute noch keine offizielle Höhenangabe erhalten, aber ich selber würde mal die Zahl von 800-1000m in den Raum werfen: so weit wurde die Lava meiner Einschätzung nach aus dem 1600m hohen Gletscher geworfen wenn die Eruptionen am stärksten waren. Der Anblick in den drei sternklaren Nächten seit Beginn der zweiten Phase war einfach nur atemberaubend! Zu schade dass die Nächte kaum noch dunkel genug werden, um das rote Glühen so deutlich sehen zu können!

Natürliches Feuerwerk: Iso 2000, Belichtungszeit: 1 Sekunde bei Blende 2.8

An der Stelle will ich einmal auf die Farben der Bilder eingehen. Glühende Lava ist zwar unglaublich farbig, allerdings verstärken Langzeitbelichtungen dies noch. Ist ja eigentlich ganz logisch: Je länger belichtet wird, desto mehr Helligkeit und auch Farbe wird festgehalten und desto bunter werden Fotos. Jetzt kennt ihr einen der Gründe, warum ich so gerne im Zwielicht fotografiere! ;-)
So habe ich zum Beispiel nur ganz selten wirklich gelbe Lava gesehen: auf Fotos jedoch ist Gelb deshalb eine so häufige Farbe, weil viel länger belichtet wird und die Lava deshalb heller erscheint.

Iso 1600, Belichtungszeit 1/5 Sekunde bei Blende 2.8

Das obige Doku-Bild ist bei höheren Isozahlen sehr kurz belichtet und gibt die Farben und auch die Lavabrocken so wieder, wie meine Augen sie gesehen haben. Allerdings war es da noch nicht ganz so dunkel wie bei den anderen Vergleichsbildern: man sieht sofort, dass Farben und Kontraste schwächer sind. Was ein wenig mehr Dunkelheit und ein wenig längere Belichtung nicht alles ausmacht!
Man könnte dieses obige Bild mit einer kurzen Belichtung einer Wasserfontäne vergleichen, in der man die Tropfen sieht. Lava-Langzeitbelichtungen dagegen werden genau wie fließendes Wasser weichgezeichnet: die Brocken bzw. Tropfen werden als Striche oder Haare dargestellt, und die Wolken verschwimmen zu unscharfen, grauen Watteflächen.

Iso 800, Belichtungszeit: 6 Sekunden auf Blende 5.6

Auf der Rückreise heute wurde ich von Hvolsvöllur aus von einem deutschen Kameramann mitgenommen, mit dem ich mich über genau diese Problematik unterhielt. Fernsehkameras machen 25 Bilder pro Sekunde und stellen Dinge daher ziemlich genauso dar, wie unser Auge es sieht: das bedeutet aber auch, dass sie kapitulieren müssen, wenn es zu dunkel wird. Und genau dann wird es für mich als Landschaftsfotograf ja erst interessant! Und es ist nun einmal so, dass Lavafontänen erst dann richtig zu glühen beginnen, wenn es dunkel ist. Da in dem Falle ohnehin nur Langzeitbelichtungen möglich sind, kann ich beim momentanen Stand der Technik halt nur mit langen Belichtungszeiten dienen - und freue mich am Bonus der intensiven Farbgebung! ;-)


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