Zu meinem großen Erstaunen beginne ich die Auswirkungen der Polarnacht bereits jetzt zu spüren. Direktes Sonnenlicht habe ich schon lange keines mehr gesehen: Mittags herrscht jetzt in etwa das Licht, wie an einem verregneten Abend in Deutschland. Keine starken Kontraste, keine großen Helligkeitsunterschiede. In den vier Stunden, die man noch "Tag" nennen kann, ist es hell genug, um alles zu sehen - ist es allerdings bewölkt, muss man schon die Außenbeleuchtung anmachen. Mich macht das zwar nicht depressiv (wie vermutet) und auch nicht hungrig (wie in Island), aber dafür ungeheuer müde. Morgens komme ich kaum aus dem Bett und um 17 Uhr könnte ich oft im Stehen einschlafen. Leider werde ich danach wieder wacher: um 22Uhr, wenn ich schlafen will, bin ich quietschfidel. Ich habe momentan extreme Einschlafschwierigkeiten und schlafe selten länger als sechs Stunden am Stück. Was im Sommer mein normales Schlafpensum, reicht jetzt im Winter (bei körperlicher Arbeit in niedrigen Temperaturen) gerade so aus, um mich gut funktionieren zu lassen. Chronische Kopfschmerzen und eine hohes Level an Grundmüdigkeit sind die Folge. Verrückt, wirklich!
Ausblick aus meinem Fenster: meine bearbeitete Version des Bildes,
die dem erlebten Eindruck so nahe kommt, wie möglich
die dem erlebten Eindruck so nahe kommt, wie möglich
Wie die Bilder zeigen, habe ich das absolute Privileg, Nordlichter direkt aus meiner kleinen Hundehütte beobachten zu können. Ich liege zwar viel lieber auf einem Rentierfell draußen auf dem Feld, besonders wenn die Nordlichter sich über den ganzen Zenit spannen, aber der Ausblick aus dem Fenster hat es auch in sich! Es ist zumindest das erste Mal im Leben, dass ich barfuß und im Schlafanzug Polarlichter fotografiert habe: aus der warmen Hütte heraus, durch die Fensterscheibe hindurch. Ein absolutes Privileg!
Vor knapp zwei Wochen fiel mir erstaunt auf, dass Weihnachten nicht mehr fern ist. Da ich dieses Jahr in Norwegen bleiben werde, brauche ich ein Geschenk für die Familie Karlstrøm. Meine Marmelade esse ich selber, eingefrorene Pfifferlinge sind sicherlich auch nicht so der Renner unter dem Weihnachtsbaum, weshalb ich (wer hätte es gedacht?) jetzt wieder einen Kalender produziere. Allerdings nur ein einziges Exemplar, eben für meine Chefs: gefüllt mit Hundebildern.
Weil mir dafür noch ein Foto fehlte, schnappte ich mir den Lieblingshund der Familie und schleppte ihn zu nächtlichen Fotoshootings. In der ersten Nacht war an Fotografie nicht zu denken: der Hund verstand nicht, was ich von ihm wollte, und fand es todlangweilig, 30 Sekunden am Stück stillzusitzen. Das übten wir beim zweiten Mal, da blieb er immerhin mal sitzen und lief nicht weg. Und beim dritten Mal, vor genau zwei Nächten, funktionierte alles. Er hatte verstanden, dass es nur dann eine Belohnung gab, wenn er auf der Stelle sitzen blieb, ich hatte die richtige Belichtung herausgefunden, und der Himmel war nicht länger nur sternenklar, sondern auch von Nordlichtern erfüllt. So entstand dieses Bild, welches allerdings ein Composing ist, also ein aus zwei Bildern zusammengesetztes Foto: das schönste Nordlicht und der am wenigsten verwackelte Hund kombiniert.
Alles außer dem Hund stammt aus einer 20-sekündigen Belichtung bei ISO 1600. Danach fokussierte ich auf den Hund und belichtete 4 Sekunden bei ISO 3200, wobei ich mit meiner Kopflampe für ganz leichte Beleuchtung sorgte. In Photoshop habe ich dann die Hundesilhouette der Langzeitbelichtung mit dem scharfen Hund der kurzen Belichtung ausgetauscht: dies ist die ärgste Bildmanipulation, die ich mir bisher habe zuschulden kommen lassen. Was man nicht alles tut für ein Weihnachtsgeschenk...
Genau an dem Abend, an dem das Hundebild entstand, gab es eine Stunde lang wieder sehr, sehr aktive Nordlichter zu sehen, die sich in mehreren Bändern über den Himmel spannten. So gelang es mir zum ersten Mal, Nordlichter über der Farm zu fotografieren. Parken Gård bei Nacht: auch ein Bild für den Kalender. Die unbeleuchtete Hütte im Vordergrund ist meine kleine Bleibe!
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