Freitag, 24. Mai 2013

Frühling in Island

Für die kommenden zwei Wochen habe ich mich in Vík einquartiert, wo ich fast ausschließlich am Computer arbeite. Es gibt erstaunlich viel aufzuarbeiten und gleichzeitig für die kommende Sommersaison vorzubereiten. Vík ist für Computerarbeit ein hervorragender Ort, denn hier regnet es eigentlich fast täglich - ist es aber mal trocken, so wie gestern, dann ist es sehr schwer, im Haus zu bleiben! Und so machte ich mich vergangene Nacht dann auch auf den Weg, den Frühling zu finden: und siehe da, ich war erfolgreich!


Da es aktuell nichts zu berichten gibt, will ich einfach nur ein paar Bilder aus den vergangenen zwei Monaten zeigen. Es begann alles mit den stärksten Nordlichtern, denen ich dieses Jahr Zeuge werden durfte: am 17. März explodierte der Himmel in grünen Farben und erstreckten sich die Nordlichter so weit in den Süden, dass ich sie mit den Reynisdrangar und Dyrhólaey ins Bild setzen konnte. Was für eine fantastische Nacht!
Damit waren meine Nordlicht-Entzugserscheinungen erstmal gestillt, soviel steht fest...
Weil es aber gerade noch winterlich kalt war, zog es mich weiter gen Osten zu den Gletscherzungen des Vatnajökull. Mit Eis verhält es sich bei mir, wie mit Nordlichtern: je mehr ich davon sehe, desto mehr fasziniert es mich! Eis ist ein so ein unglaublich abwechslungsreiches Element, immer ist es anders, immer wieder entdeckt man es neu.

Wenn man das Ganze mal aus der Distanz betrachtet, da scheint es nahezu unglaublich, dass unser Planet in genau dem richtigen Abstand zur Sonne seine Bahnen zieht, den wir zum Leben brauchen. Ein bisschen näher dran, und alles Wasser würde verdunsten, ein bisschen weiter weg, und alles wäre ständig gefroren. Statt dessen können wir ständig alle Aggregatzustände des Wassers erleben: als Gas gelöst in der Luft, als lebensspendende Flüssigkeit, und eben gefroren in winterlichen Gewässern und Gletschern. Lässt man sich darauf ein, sieht man sich immer wandelnder Kunst gegenüber, einem temporären Wirrwarr aus abstrakten Details von teils unbeschreiblicher Schönheit.

Ende März war mir dann aber doch endlich danach, gemäßigtere Temperaturen zu erleben - oder zumindest danach, nicht mehr ständig bei Minustemperaturen zu schlafen und mein Trinkwasser morgens auftauen zu müssen. Die Eislandschaft der Gletscher ließ ich guten Gewissens hinter mir und schlug mein Zelt auf Snæfellsnes in Westisland auf - davon berichtete ich ja schon. Auf der Rückreise stoppte ich dann noch an diesen wenig bekannten, wunderbaren Wasserfällen.

Danach war ich völlig ohne Plan. Es ergab sich, dass die Nordlichtchancen in einer Nacht ganz gut waren, das Wetter aber nur im Nordwesten Sichtungen versprach: also reiste ich zum Felsen Hvítserkur. Wie immer war ich per Bus und Anhalter unterwegs: doch noch nie stand ich länger an einer Staße als nun. Dort oben wohnt einfach kaum einer mehr; für die 30km von der Ringstraße zur Küste brauchte ich geschlagene 8 Stunden. Dass ich überhaupt rechtzeitig zum Ziel kam, verdanke ich einer Farmersfrau: nachdem ich ihre Kinder den ganzen Tag über amüsiert und beschäftigt hatte, brachte sie mich bei Einbruch der Dunkelheit zum Hvítserkur. Und dort gelang mir dann ein Bild, das zu machen ich mir schon lange gewünscht hatte: der Nashorn-Elefanten-Felsen und Nordlichter.

Wie prophezeit schlug das Wetter um, Schneestürme zogen über das Land, und ich verbrachte viele lustige Tage bei einer guten Freundin in Reykjavík. Als dann dort die Wetterverhältnisse besser waren, besuchte ich zum ersten Mal überhaupt eines der Hochtemperaturgebiete von Reykjanes. Ich hatte erwartet, dass es schwierig sein würde, dort zu fotografieren, da diese Naturwunder von Kraftwerken, Strom- und Wasserleitungen verbaut sind. Reykjavík braucht mehr und mehr Strom, und den gibt es auch in Island nicht ohne Preis. Die konsumorientierten Insulaner verbrennen zwar keine Kohle, zerstören und verschandeln dafür aber einzigartige Hochtemperaturgebiete. Landschaftsfotografie ist dort mittlerweile eine Herausforderung: man ist auf Dampf angewiesen, der die menschlichen Objekte verschleiert. Hat man Glück, kann man diese faszinierende vulkanische Landschaft dennoch gut in Szene setzen!
 
Auch dort wurde meinen mehrtägige Ausdauer belohnt: in einer Nacht tanzten kurzzeitig horizontnahe Nordlichter am nicht mehr ganz dunkel werdenden Nachthimmel. Gleichzeitig sorgten unser Erdtrabant und das wie ein Fußballfeld ausgeleuchtete Kraftwerk von allen Seiten für ideale Beleuchtung!

Mitte April wird der Nachthimmel schon nicht mehr richtig dunkel und hat man, wenn überhaupt, nur um Mitternacht die Chance, die schwache Lichterscheinung zu sehen. Folglich waren dies meine letzten Nordlichter der Saison, und es war gleichzeitig auch das letzte Mal, dass ich eine große Anzahl von Sternen sah: wie hier bei den Valahnúkar auf Reykjanes.





Danach habe ich eigentlich nicht mehr fotografiert, bis ich nach Vík kam. Und so will ich diesen Blog dann auch mit demselben Motiv abschließen, wie ich ihn begonnen habe: blühender Rosenwurz vor den Felsen Reynisdrangar im ersten Sonnenschein des gerade 4 Stunden und 47 Minuten alten Tages. 52 Minuten liegen zwischen den beiden Bildern: es ist doch immer wieder erstaunlich, wie Licht ein Bild verändern kann!



2 Kommentare:

  1. Hey Große, wie immer gaaanz tolle Bilder, die du wohl deshalb machen konntest, weil du dir die ganze Nacht um die Ohren geschlagen hast, um solche Lichtstimmungen und Motive aussuchen zu können. Gruß a.d. fernen Aggertal

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  2. Claudia Kraheberger15. August 2013 um 20:07

    Wunderschöne Fotos und Berichterstattung. In jedem Satz konnte ich Ihre Liebe zur Natur spüren. Vielen Dank!

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