Montag, 25. Juli 2011

Hubschraubertourismus in Island


Als im April 2010 der Vulkanausbruch auf dem Fimmvörðuháls stattfand, der sogenannte “Touristenausbruch” des Eyjafjallajökull, da bommte hier in Island ein neuer Trend: Hubschraubertourismus. All jene, die zum Ausbruch wanderten oder sich mit Jeeps und Schneemobilen hochbringen ließen, berichten, dass es kaum möglich war, die Lava ohne Helikopter zu betrachten. Jeder wollte die Eruption sehen, und Hubschrauberflüge waren zwar eine teure, aber einfache und aufregende Möglichkeit dazu. Folglich erlebten die beiden einzigen Touristenhubschrauberfluggesellschaften einen Boom und verzeichneten enorme Einnahmen - was zur Folge hatte, dass sie neue Maschinen und Piloten kaufen konnten.

Eine beinahe-Kollision mit dem Valahnúkur,
dem beliebtesten Aussichtsberg hier in der Þórsmörk


Seitdem gehören Helikopter zum ganz normalen Erscheinungsbild, wenn man in Südisland unterwegs ist. Habe ich in den Sommern zuvor vielleicht einmal ein bis zwei Hubschrauber wahrgenommen, die irgendwelche weltberühmten Fotografen über Landmannalaugar flogen, so sind sie jetzt überall anzutreffen. Reisegruppen berichteten mir von waghalsigen Flugmanövern über dem Gullfoss, von minutenlangen Schwebflügen über dem Geysir und von Landungen auf der neuen Lava auf dem Fimmvörðuháls. Hier in Þórsmörk habe ich an Schönwetter-Wochenenden bis zu zehn Helikopter pro Tag gezählt, hauptsächlich von der Gesellschaft "Norðurflug", die im Tiefflug das Tal entlangflogen, landeten und generell keine Rücksicht auf Verkehr und Wanderer am Boden nahmen.

Die schwarzen Punkte links unten sind Wanderer...

Daher hab es kaum etwas, über das ich diesen Sommer mehr gewettert habe, als diese verdammten Hubschrauber! Ich weiß sehrwohl, wie toll es ist, in einem Hubschrauber zu fliegen, schließlich wurde ich in Neuseeland mehrmals von den Versorgungsflügen zwischen den sonst unerreichbaren Wanderhütten mitgenommen. Aber Helikopter sind mit die umweltunverträglichste Art zu reisen: ein mittelgroßer Helikopter für 4-6 Passagiere verbraucht 50-80 Liter Kerosin auf 100 Kilometer, das wären etwa 10-20 Liter pro Person. Im zivilen Transport ist das mit Abstand die größte CO2-Schleuder, die es gibt! Zum Vergleich: ein Langstreckenflug verbraucht pro Person etwa 5 Liter Kerosin pro 100 Kilometer.

Und dann ist da natürlich noch der “Krach” der Hubschrauber, der einen enormen Einfluss auf ein großes Gebiet hat. Ich wusste es selber nicht, aber: im normalen Flug werden 80% des Lärms nicht von den großen Rotorblättern, sondern vom kleinen Rotor am Heck produziert. Darum gibt es längst Hubschrauber, bei denen der kleine hintere Rotor "eingebaut" ist und die viel leiser sind: aber diese Helikopter sind natürlich teurer und werden daher kaum eingesetzt.

Im Tiefflug durch die Hvannárgil. Die Piloten ("Cowboys" wäre wohl die richtigere Bezeichnung)
haben ihren Passagieren definitiv etwas geboten!

Den Leuten am Boden allerdings auch: Ruhestörung und schlechte Laune

Alles in allem bin ich also voll und ganz gegen Hubschraubertourismus und habe im vergangenen Monat penibel buchgeführt über die Bewegung, Flughöhe und Aktionen von Helikoptern hier im Tal. Wie gesagt: bis zu 10 Sichtungen pro Tag kamen dabei heraus, mit Flughöhen zwischen 400 und 5 Metern über dem Boden und vielen Beschwerden von erschreckten und genervten Fußgängern. Diese Liste habe ich, zusammen mit Zitaten und vielen Beweisfotos, vor kurzen an meinem Chef weitergeleitet, mit dem ich vorher lange über das Thema gesprochen habe. Und ich habe es ja kaum glaube wollen, aber: der Geschäftsfüher des FÍ hat doch tatsächlich ein Treffen organisiert zwischen dem Umweltministerium und den regionalen Verantworlichten des Verkehrsministeriums und ihnen meine Liste und Bilder vorgelegt. Ein weiteres Treffen ist geplant: bisher waren sich alle zumindest einig darüber, dass auch Hubschrauber sich demnächst an bestimmte Flugwege halten sollen. Diese müssen erst noch festgelegt werden, sollen aber definitiv abseits der beliebten Reiseziele liegen. Sollte dies wirklich umgesetzt werden, was ich stark hoffe, dann bin ich schonmal einen Schritt weiter - und wäre stolz darauf, ein wenig etwas bewirkt zu haben. Die Zukunft wird zeigen, wie erfolgreich mein dann doch eher kleiner Einsatz war!

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