Sonntag, 3. April 2011

Die Farben der Nordlichter

Pünktlich mit dem Beginn einer Gutwetterperiode verlasse ich Grundarfjörður. Zum einen soll ich mein Zimmer für die Osterferien räumen, zum anderen ist mein Rücken nun so stabil geworden, dass ich mit Sport und Rückengymnastik beginnen kann. Ein Schwimmbad muss her! Also werde ich die nächsten 6-10 Wochen in Reykjavík verbringen. Bah.
Dennoch spricht einiges für die in meinen Augen viel zu große, laute und hektische Stadt. Unter anderem habe ich dort bei einer Freundin ein preiswertes Zimmer gefunden, bin dort umgeben von Bibliotheken und Krankengymnasten, und werde vermutlich auch beim FÍ im Büro arbeiten können. Mein Hauptanliegen ist es aber, meinen Rücken auf Vordermann zu bringen. Wenn ich ganz viel Glück habe, dann könnte ich im Spätsommer wieder abseits von Teerstraßen wandern und Natur erleben. Das ist mein Ziel, und dafür muss gearbeitet werden. Folglich wird ab morgen täglich geschwommen!

Grundarfjörður hat mir den Abschied in sofern leicht gemacht, als dass ich in den letzten beiden Nächten noch einmal Nordlichter fotografieren durfte. Die Wolken, Regenschauer und ich kämpften stur um den längeren Atem: und beide gewannen. Es regnete, war jeweils vor und nach meiner mehrstündigen Nachtschicht komplett bewölkt, und doch durfte ich ungewöhnlich farbige Aurora in kleineren und größeren Wolkenlücken erleben. Vermutlich waren es die letzten Nordlichter der Saison, denn in Reykjavík dürft sich Nordlichtfotografie ob der Lichtverschmutzung als schwierig erweisen. Zumal es in vier Wochen zu hell sein wird, um Aurora sehen zu können. Dann hab ich erstmal Ruhe bis Ende August und kann auch bei gutem Wetter ruhig durchschlafen!

Sodenn: mit diesen Bilder will ich mich von Grundarfjörður verabschieden. Es war eine schöne Zeit!

Eine Langzeitaufnahme von schwächeren, fast farblosen Nordlichtern, eingerahmt von Regenwolken. Dieses Grün ist die mit Abstand häufigste Farbe der Aurora.

Manchmal ist Aurora so hell, dass man sie sehen kann noch bevor es gänzlich dunkel geworden ist. Wenn die Nordlichter so stark sind, dann wird das Grün zu Gelb und manchmal auch zu Orange.

Pink ist eine eher selte Farbe und noch dazu extrem kurzlebig. Während das Grün lange leuchtet, ist das Pink meist weg, bevor man es wirklich gesehen hat. Das hat mit seiner Entstehung zu tun. Owei, jetzt wirds lang - egal, da müsst ihr durch! :-)

99,9% aller Luftmoleküle unserer Atmosphäre befinden sich in einer 100km dicken Schicht um unseren Planeten, der sogenannten Homosphäre. Danach beginnt offiziell zwar der Weltraum: aber in den folgenden 900km, der Heterosphäre, befinden sich halt immer noch Luftmoleküle. Und genau die sind es, welche normalerweise vom Sonnenwind zum Leuchten angeregt werden. Meistens sind es Sauerstoffmoleküle: wenn sie von den hochenergetischen Elektronen getroffen werden, geben sie mehrere Minuten lang grünes Licht von sich.

Trifft jetzt starker Sonnenwind die Atmosphäre, dann kann der bis in die Homosphäre durchdringen, also bis unter 100km Höhe. Dort hat die Luft die gleiche Zusammensetzung wie direkt am Boden: Stickstoff überwiegt. Und wird Stickstoff dort zum Leuchten angeregt, dann glüht er pink: dies allerdings nur wenige Sekunden lang. So kommt es also, dass man bis zur Grenze zwischen den Atmosphärenschichten die gut erkennbaren, lang grün leuchtenden Nordlichter hat und darunter, nur ganz kurz und schnelllebig, ein Streifen Pink.


In der Heterosphäre, also in über 100km Höhe, haben die Luftmoleküle ewig viel Platz und ordnen sich nach Eigengewicht und Ladung in Schichten an. Zuunterst liegt Sauerstoff, der grün leuchtet. Darüber liegt eine dicke Schicht Stickstoff: die leuchtet blau/lila, das allerdings so schwach, dass es menschliche Augen, wenn überhaupt, nur als farblos wahrnehmen. Die Sensoren und Filme von Kameras erkennen die Farbe aber in Langzeitbelichtungen deutlich!

Was man an diesem Foto einmal abschätzen kann, sind die Entfernungen. Die Stadt Grundarfjörður und mein Lieblingsberg Kirkjufell sind im Vordergrund. Die grünen Nordlichter sind nach unten hin in ziemlich genau 100km Höhe "abgeschnitten", genau an der Trennungsschicht der Homo- und Heterosphäre. Die blauen Nordlichter reichen bis etwa 200km in den Himmel hinein - danach herrscht wieder Sauerstoff vor. Und um diese obere Schicht in 300km zum Leuchten azuregen, braucht es einen heftigen Sonnensturm, der dann diese ganze obere Schicht weinrot glühen lassen würde. Aber solch eine Atmosphärenstörung gab es seit dem Jahr 2005 nicht mehr. Nächstes Jahr vielleicht! :-)

Und jetzt genug vom Nordlichtexkurs. Hier noch ein Bild von den wenigen Sekunden, wo meine Augen zum ersten Mal farbiges blaues Nordlicht erkannten. Im Gegensatz zum vorherigen Bild, wo ich das Blau als grau einschätzte, erkannte ich hier einen kühlen Farbton, ein ganz, ganz schwaches blau-lila. Die Kamera sah mal wieder mehr als ich. Egal: diesmal ließ ich es so! Sieht echt klasse aus! :-)

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