Es ist Mitte Januar, und ich befinde mich gerade auf
dem Rückweg nach Deutschland. Ich staune immer wieder, wie schnell
doch Zeit vergehen kann. Die zurückliegende, halbe Antarktissaison
war wieder einmal völlig anders, als die vorhergehenden: auch, weil
ich jedes Mal in einem neuen Team arbeite und immer leicht andere
Dinge erlebe. Dieses Mal war ich (leider) nicht oft an Land, dafür
aber umso mehr in Booten unterwegs. Meine Hauptaufgabe war es,
Zodiaks zu fahren und dort die Fotogruppen zu (beg)leiten. Zusätzlich
bin ich spontan für jemanden eingesprungen und habe zum ersten Mal
auch als Kayak-Guide gearbeitet - das war mal eine ganz neue Facette
meines ungewöhnlich vielfältigen Jobs.
Die Antarktis ist zwar eine der wildesten Regionen
der Welt, aber auch eine der am meisten reglementieren: für den
Tourismus hier unten gelten viele Auflagen. Es gibt beispielsweise
Begrenzungen für die Anzahl von Menschen, die zeitgleich, die an
Land gehen dürfen. Die Obergrenze liegt bei den meisten Landestellen
bei 100 Passagieren. Die meisten Schiffe, welche die Antarktis
anlaufen, haben aber mehr als 100 Gäste: also muss improvisiert
werden. Manche Schiffe teilen die Passagiere in zwei Gruppen und machen
sogenannte 'split landings': die Hälfte der Reisenden wird an
Bord belustigt, beispielsweise in Form eines Vortrags, während die
andere Hälfte an Land geht - und irgendwann wird dann getauscht.
Die MS Expedition, auf der ich oft arbeite, hat
maximal 133 Passagiere und geht andere Wege. Zum einen wird immer ein
sogenanntes Foto-Zodiak angeboten: eine Gruppe von Foto-Enthusiasten
ist erst einmal ein bis eineinhalb Stunden per Boot auf Motivsuche,
bevor sie an Land geht. Zusätzlich gibt es ein Kayak-Programm: bis
zu 20 Gäste erpaddeln sich die Antarktis, bevor sie dann meist
zusätzlich noch kurz an Land gehen - hinterher, wenn die meisten
schon wieder zurück an Bord sind. Gerade für diejenigen, welche
sich sportlich betätigen wollen, ist das Kayak eine reizvolle
Ergänzung der Antarktisreise. Ich persönlich finde Landgänge um
einiges spannender, muss aber zugeben, dass es Spaß gemacht hat, in
solch extremer Umgebung ohne Motor auf dem Wasser unterwegs zu sein. Und manchmal hat man auf die Art
ganz andere Tierbegegnungen, als die Landgänger - zum Beispiel mit
einem neugierigen Seeleoparden...
Wie ich im letzten Blog ja schon erwähnt habe,
bietet gAdventures (die Eigner der MS Expedition) auch Camping als
Option an: bis zu 60 Leute dürfen eine Nacht in Zelten und warmen
Schlafsäcken an Land verbringen. Auch hier sind wieder strenge
Regeln einzuhalten: so darf beispielsweise nur in Notfällen gegessen
werden, und absolut gar nichts darf zurückgelassen werden. Folglich
bringen wir unsere Gäste erst nach dem Abendessen an Land und vor dem Frühstück wieder zurück - und nehmen
Campingtoiletten mit.
Die ganze Aktion ist eine Heidenarbeit, die von den
meisten meiner Kollegen gemieden wird: ich gehöre meist zu den sehr
wenigen Freiwilligen, welche die Nacht liebend gerne an Land
verbringen. Nachdem den Gästen beim Aufbau der Zelte geholfen wurde,
seile ich mich meist ab, um ein paar Stunden alleine zu sein. Ich
kann zwar keine großen Strecken wandern, da die meisten Orte kleine
Inseln sind oder direkt an Gletscher grenzen, aber das muss ich auch
gar nicht. Ich habe einfach nur Freude daran, die Landschaft im
verändernden Licht der langen Sommernacht zu erleben, und mal ein
paar Stunden alleine zu verbringen, ohne von Gästen angesprochen zu
werden. Die Antarktis ist märchenhaft grandios und generell ziemlich
superlativ - und das begreift der Mensch dann am besten, wenn er die
Zeit findet, mal zu sich selbst zu kommen und, still, im Moment zu leben.
Spätestens um fünf Uhr morgens ist es mit der Ruhe
vorbei: dann werden die müden und verfrorenen Gäste geweckt und
beginnt das große Packen. Geschlagene zwei Stunden dauert es im
Normalfall, bis sich die Gäste und die gesamte Ausrüstung wieder an
Bord befinden. Wir Guides springen von Zelt zu Zelt, geben Tipps und
Anweisungen - manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich. An einem
windigen Morgen können wir beispielsweise noch so oft sagen, dass
die Leute unbedingt aufpassen müssen: es geht garantiert irgendetwas
fliegen. Dass man leeren Zeltsäcken oder Isomatten hinterhersprinten
muss, ist normal: aber dass ein ganzes Zelt erst fliegen und dann
baden geht, war auch für mich etwas Besonderes. Dankbarerweise hatte
ich Wathosen an und bin bei der Zeltrettung so gerade eben trocken
geblieben. Für die Gäste war die ganze Aktion eine Gaudi, und auch
ich hatte meinen Spaß dabei! :-)
Mein total verrückter Job hat seine absoluten Höhepunkte, aber
selbstverständlich auch seine Schattenseiten. Ich arbeite in einer
Dienstleistungsbranche für meist wohlhabendes (und deshalb oft
forderndes) Klientel. Ich bin eben NICHT als Tourist hier, es ist kein Urlaub: mein Job
ist und bleibt ein Job, egal wo, egal wie, und er ist genauso
anstrengend und ermüdend, wie jeder andere Job auch.
Sorry, wenn irgendjemand geglaubt hat, dass es anders sei. Kaum Freizeit, zu wenig Schlaf, absolut keine Privatsphäre über Wochen hinweg: wir Dienstleister sind die Aushängeschilder von unseren Arbeitgebern, und es liegen eine Menge Pflichten und Verantwortungen auf unseren Schultern, Wildnisgebiete hin oder her.
Meine persönliche Belohnung sind, ganz klar, die unglaublichen Naturerlebnisse, die ich mit den Gästen erleben darf. Und dann ist da mein immerwährendes Anliegen, andere für den Schutz der Natur zu begeistern und sie zu inspirieren, in Zukunft ein bisschen mehr für den Erhalt unserer Welt zu tun. Und wenn ich es kann, dann ergattere ich mir hier und da ein paar einsame Momente mit eben jener wunderbaren Welt: mal sind es ein paar Minuten ohne laufenden Motor im Zodiak, mal sind es ein paar stille Augenblicke im Kreise von schnatternden Pinguinen, mal ist es Sonnenuntergang an Deck des fahrenden Schiffes. Und von diesen kleinen, wertvollen Glücksmomenten der vergangenen Wochen möchte ich euch das nächste Mal berichten - sonst komme ich heute nämlich nicht mehr zum Schluss!
Sorry, wenn irgendjemand geglaubt hat, dass es anders sei. Kaum Freizeit, zu wenig Schlaf, absolut keine Privatsphäre über Wochen hinweg: wir Dienstleister sind die Aushängeschilder von unseren Arbeitgebern, und es liegen eine Menge Pflichten und Verantwortungen auf unseren Schultern, Wildnisgebiete hin oder her.
Meine persönliche Belohnung sind, ganz klar, die unglaublichen Naturerlebnisse, die ich mit den Gästen erleben darf. Und dann ist da mein immerwährendes Anliegen, andere für den Schutz der Natur zu begeistern und sie zu inspirieren, in Zukunft ein bisschen mehr für den Erhalt unserer Welt zu tun. Und wenn ich es kann, dann ergattere ich mir hier und da ein paar einsame Momente mit eben jener wunderbaren Welt: mal sind es ein paar Minuten ohne laufenden Motor im Zodiak, mal sind es ein paar stille Augenblicke im Kreise von schnatternden Pinguinen, mal ist es Sonnenuntergang an Deck des fahrenden Schiffes. Und von diesen kleinen, wertvollen Glücksmomenten der vergangenen Wochen möchte ich euch das nächste Mal berichten - sonst komme ich heute nämlich nicht mehr zum Schluss!