Donnerstag, 22. Dezember 2011

Weihnachten in Island

Island empfing mich mit strahlendem Winterwetter. Seit fast drei Wochen herrscht hier tiefster Winter: Schnee im ganzen Land, Temperaturen von teilweise unter -10°C und traumhafte Lichtverhältnisse. Davon bekommt man aber, wie immer, in der Großstadt Reykjavík gar nichts zu sehen: dort empfängt einen stattdessen eine Überdosis Kitschweihnachten. Schon im Flugzeug fing die Berieselung mit Weihnachtsmusik an: auf Isländisch wohlbemerkt, die Isländer sind ja viel zu kreativ und selber zu stimmgewaltig und singfreudig, als dass sie die Weihnachtszeit von ausländischer Musik dominieren lassen würden...

Ganz nach amerikanischer Art lieben die Isländer den Weihnachts-Lichterkitsch. Alles, was weihnachtlich ist, muss leuchten - einfach nur Stoffweihnachtsmänner auf Strickleitern vom Dach hängen zu haben wäre "voll out" ohne die dazugehörige Beleuchtung. Ich bin vermutlich momentan der einzige Mensch auf Island, der die Tage hier als lang bezeichnet: vier Stunden Sonnenschein plus jeweils zwei Stunden Dämmerung sind in meinen Augen wahnsinnig hell und lang, zumindest verglichen mit 24 Stunden ewiger Nacht. Aber die Isländer sind da definitiv anderer Meinung und versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. Darauf haben sie sich vor allem mit Lichterketten spezialisiert. Aus Nichts machen sie etwas: aus Drahtgestellen werden Weihnachtsbäume und aus klapprigen Fahrrädern werden Lichtbringer. So etwas habe ich bisher aber auch wirklich nur in Island gesehen!


Die Krönung der isländischen Lichtsucht sind aber ohne Frage die Friedhöfe. Während es in fast allen anderen Ländern der Welt verboten ist, mit Strom auf Friedhöfen zu hantieren, verwandeln sich diese in Island zur Weihnachtszeit immer in eine Stolperfalle aus Verlängerungsschnüren. Denn es ist ja logisch: was den lebenden Isländern gefällt, das soll auch den Verstorbenen nicht verwehrt bleiben! Wenn es schon im Grabe so finster ist, dann soll es zumindest über der Erde hell sein: im Sommer wie im Winter!


Mich interessierte aber zugegebenermaßen weniger der mir bestens bekannte isländische Weihnachtswahnsinn als viel mehr der Aufenthalt in der Natur: ohne Eisbärenauffressgefahr und mit Sonnenschein. Und so fuhr ich mit dem ersten Bus Richtung Osten und verbrachte drei Tage im Zelt bei Dyrhólaey, einer versandeten Felseninsel ganz im Süden von Island. Dort wollte ich vor allem eines: die Sonne wiedersehen und meine Ruhe haben. Und beides bekam ich en masse: Island schenkte mir zwei wunderschön-kalte sonnige Tage, die ich am rauschenden Nordatlantik verbrachte.



Worte können wie immer schwerlich beschreiben, was ich erlebte, und auch meine Fotos geben nur eine Ahnung davon, wie wunderschön die Lichtstimmungen der kurzen, farbenfrohen Mittwintertage waren. Von daher will ich jetzt einfach nur die Bilder sprechen lassen: dies sind also ein paar Eindrücke vom winterlichen Dyrhólaey.


An dieser Stelle möchte ich euch zur Wintersonnwende gratulieren: ab sofort werden die Tage wieder länger! Auch ein frohes Weihnachtsfest will ich euch wünschen, so fern ihr es denn feiert. Ich weiß noch nicht genau, was ich machen werde; morgen wird es sich herausstellen, ob ich schon vor Weihnachten nach Landmannalaugar reisen kann, oder ob ich doch erst nach den Feiertagen meinen Ferienjob als Hüttenwart antreten kann. Wir werden sehen!

Wie dem auch sei: schöne Feiertage wünsche ich euch, und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Hier noch der Link zum vergrößerbaren Weihnachtsgruß:
http://farm8.staticflickr.com/7007/6553666221_ddb7433547_b.jpg

1 Kommentar:

  1. Liebe Kerstin,

    deine Island-Weihnachtsbilder habe ich mir schon mal angesehen und heute wieder. Ich muss schon sagen.... einfach ganz große Klasse...

    Herzliche Grüße
    Sigi

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