Sonntag, 28. Februar 2010

Absurdistan

Seit Tagen will ich mich melden, seit Tagen finde ich keine Zeit. Bevor ich morgen früh wieder mit den Hunden auf die Vidda verschwinde (Finnmarksløpet beginnt in nicht einmal drei Wochen, jetzt steht alles Kopf...) will ich euch nur kurz an einer komplett absurden Geschichte teilhaben lassen.

Ihr kennt doch sicherlich meine Foto-Seite auf Flickr; dort lade ich ab und an sehr kleine Bilder hoch. Über diese Seite bekam ich vor einer Woche eine Email: ob ich mir vorstellen könnte, ein paar Nordlichtbilder bei einer Agentur einzuspeisen. Besagte Agentur kannte ich noch nicht und ich war auch eher abgeneigt. Doch dieser Mensch war so hartnäckig, dass er mir in den folgenden drei Tagen sieben weitere Emails schickte und versuchte, mich für die Agentur zu gewinnen. Nach Rücksprache mit Olaf ließ ich mich schließlich dazu breitschlagen, 15 meiner Aurora-Fotos für ein Jahr lang der Agentur zur Verfügung zu stellen. Der Deal ist der, dass die Agentur versucht, Abnehmer für die Bilder zu finden, und ich 50% des Erlöses erhalten: der Standardsatz den Agenturen Nonames wie mir anbieten. Kaum hatte ich die Bilder an Barcroft Media versandt, klingelte mein Handy und die Nervensäge war dran: ein Journalist aus London mit dem feinsten britischen Akzent - ich LIEBE britischen Akzent, das klingt immer so lustig! :-)

Das Interview schwenkte schnell von meinen Fragen zur Agentur hinüber zur Aurora ("Was ist Aurora eigentlich" und "Wie entstehen die Farben?") und dann, wie sollte es anders sein, zu mir und zur Außentemperatur (mir gehts gut und draußen ist es weiterhin saukalt). Eine Dreiviertelstunde später qualmten mir die Ohren und schwante mir nichts Gutes, weil die Nervensäge relativ gen Ende damit herausgerückt war, dass er alles per Steno mitgeschrieben hatte. 20 Stunden später erhielt ich dann eine weitere Email von ihm: Der erste Abnehmer meiner Bilder war die britische Boulevard-Tageszeitung "Daily Mirror". Er schickte mir den Link, welcher mich in Lachkrämpfe ausbrechen ließ: der Artikel dreht sich genau wie das Interview eher um mich und die Kälte als um die Nordlichter. Wie Medien so sind, machen sie aus einer Mücke einen Elefanten - und aus mir einen Superlativ. Der Bericht ist wirklich nur eine reine Lachnummer, vor allem meine Zitate sind nicht einmal annähernd so, wie ich sie in Erinnerung habe. Seit diesem Bericht allerdings sind die Klickzahlen auf meine Bilder auf Flickr in unbekannte Höhen geschnellt und habe ich plötzlich unzählige, mir gänzlich unbekannte britische und asiatische "Freunde" auf Facebook, die mir sogar Fanpost schicken. Oh man, geht das schon wieder los! Es ist alles so absurd... Aber solange ich zum Helden gemacht werde und nicht zum Buhmann und dabei noch ein wenig Geld verdienen kann, kann ich drüber lachen - und ihr vielleicht auch! Hier ist er also: der Bericht über "die heldenhafte Reise einer unerschrockenen Frau durch gefrorene Ödnis, im Bestreben das Phänomen [Aurora] in all seiner Pracht im Bild festzuhalten".
Ja, ne, ist klar! BOULEVARDPRESSE! *augenverdreh*

Daily Mirror, February 26th

Und damit verabschiede ich mich auf wann immer ich die Zeit finde, wieder zu berichten.

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