Sonntag, 26. Juli 2009

Mit dem LKW nach Senja

Am 15. Juli packte ich, nach zwei sonnigen Tagen am Fuße des Stetind, meinen Rucksack und versuchte mein Glück wieder mit dem Trampen. Innerlich hatte ich mich schon auf eine mehrstündige Wartezeit eingerichtet, denn es kamen im Schnitt etwa 5 Autos die Stunde vorbei. Diese Straße ist, wenn man so will, eine Einbahnstraße: sie führt von der Europastraße E6 (welche sich längs durch ganz Norwegen zieht und auf der ich unterwegs war) zur kleinen Ortschaft Kjøpsvik, von der aus man nur per Fähre weiter gen Süden kommt.
Nachdem ich in Ruhe an der Straße gefrühstückt hatte und 7 Fahrzeuge an mir vorbeigefahren waren, war ich deshalb sehr überrascht, dass es ausgerechnet ein LKW war, der mich mitnahm!

Der Fahrer, Evert, war gerade erst aus Kjøpsvik gestartet und hatte 52 Tonnen Kalk geladen, die er bis nach Alta transportieren würde. Das, so sagte er, würde inklusive der Pflichtpausen etwa 10 Stunden dauern.
Nun war ich platt: dieser Brummi-Fahrer fuhr an einem Stück bis zu meinem Ziel - wenn ich gewollt hätte, hätte ich also an meinem dritten Tramping-Tag schon ankommen können!
Während wir langsam und gemütlich die Berge entlang der Fjorde erklommen (52 Tonnen Ladung ließen das Gefährt die Berge regelrecht emporkriechen), schwiegen wir, denn Evert war äußerst wortkarg. Daher staunte ich nicht schlecht, als er wie ein Wasserfall zu reden begann, als er auf seinem Handy angerufen wurde, und dieses Telefonat gut eine Stunde lang fortführte. Währenddessen hatte ich alle Zeit der Welt, die wirklich schöne Fjordlandschaft entlang der Lofoten und Vesterålen aus dem Logenplatz einer LKW-Kabine zu betrachten. Was die Aussicht angeht, ist LKW-fahren wirklich toll!

Nach gut zwei Stunden Fahrt entschloss ich mich dann aber dazu, wieder auszusteigen. Ich hatte 14 Tage für diese Reise eingeplant und wollte nicht schon so früh ankommen! Und so stand ich dann am frühen Nachmittag im Sonnenschein an der nach Westen von der E6 abzweigenden Straße nach Finnsnes und hielt wieder den Daumen in den Wind.
Bis zur Küstenstadt Finnsnes waren es gut 50 Kilometer, die ich in 3 Autos zurücklegte. In Finnsnes selber hielt ich mich kurz in der Touri-Info auf, kaufte mir eine Wanderkarte der Insel Senja und stellte dort auch meinen Laptop für mehrere Tage ab. Mit dem nun endlich tragbarem Rucksack wanderte ich dann vier Kilometer über eine Brücke auf Norwegens zweitgrößte Insel Senja. Einen vorbeilaufenden Jogger fragte ich, in welcher Richtung ich um die Insel trampen sollte: er empfahl mir, es gegen den Uhrzeigersinn zu versuchen. Und genau das tat ich dann auch.

Es war mittlerweile 18 Uhr und Feierabendverkehr. Und so musste ich auch nicht lange warten, bis ein älterer Herr anhielt und mich nach nur fünf Kilometern Fahrt auf Milch und Kekse in seine Wohnung einlud. Ja, diese Seele von Mensch bot mir sogar an, bei sich im Garten zu zelten! Da ich aber wusste, dass eine Schlechtwetterfront auf dem Weg war, wollte ich so schnell wie möglich an einen fotogenen Ort kommen, an dem ich den Regen und interessante Lichtstimmungen abwarten konnte. Und tatsächlich hatte ich noch einmal Glück: um 19 Uhr hielt noch einmal ein Auto. Wie so oft fuhr der Fahrer erst mit Vollgas an mir vorbei und legte dann eine Vollbremsung hin. Und wie so oft sagte er, dass er eigentlich nie Anhalter mitnehmen würde, aber an einer so freundlich lächelnden Person einfach nicht vorbeifahren könne. Also an alle zukünftigen Anhalter: ein freundliches Gesicht zu machen zahlt sich nirgendwo mehr aus, als beim Trampen! :-)

Besagter netter etwa 50jähriger Norweger fuhr mich eine Stunde näher an meinen gewünschten Zielort und zeigte mir einen idyllisch gelegenen Angelplatz unweit der Straße, an dem ich mein Zelt aufschlug und die Nacht verbrachte.

Am nächsten Morgen weckte mich Nieselregen - die verdammte Schlechtwetterfront war einen halben Tag zu früh eingetroffen! Zum Glück hatte mir das nette Mädel in der Touri-Info einen Busfahrplan in die Hand gedrückt und wusste ich so um einem Bus, den ich um neun Uhr morgens auf der Straße anhielt und der mich weiter gen Westen fuhr.

Der Busfahrer schien heilfroh, dass ich eingestiegen war. Er sagte, kein Englisch sprechen zu können, und bat mich, doch bitte zwischen ihm und seinen einzigen Passagieren, zwei jungen Franzosen, zu übersetzen. Es war eine im Nachhinein komplett absurde Situation: ich mit meinen gerade entdeckten Norwegischkenntnissen spielte den Übersetzer für die Franzosen, welche nicht wussten, wohin der Bus führte und wie weit sie fahren wollten. Während wir das in Gemeinschaftarbeit klärten erfuhr ich außerdem, dass der Bus außerfahrplanmäßig noch 20km weiter fuhr: nämlich zum Busfahrer nach Hause. Mein Wunschziel befand sich genau dort: also fuhr ich, nachdem die Franzosen an der Endstation ausgestiegen waren, noch ein Stück weiter.

Hier, an der Westküste der Insel, herrschte besseres Wetter: die Berge waren zwar alle wolkenverhangen, doch es war trocken. So konnte ich in Ruhe einen geeigneten Zeltplatz suchen, welcher an der Steilküste gar nicht so leicht zu finden war. Doch als ich schließlich einen einigermaßen flachen Ort fand, baute mein Zelt vor wirklich überwältigender Kulisse auf: dem Berg Okshornan, welcher der Grund meines Herkommens war.

Allerdings konnte ich die markanten Zacken des Berges erst nur vereinzelt sehen, da die tiefliegenden Wolken einfach nicht weichen wollten... Gegen Abend aber, nachdem es einmal kurz geregnet hatte, gaben die Wolken ab und an die Bergspitzen frei und gelangen mir ein paar schöne Langzeitbelichtungen an der felsigen Küste.

Zum Schluss noch eine kleine Spielerei, an der ich mich versucht habe, nun, da ich eine Digitalkamera habe und sozusagen endlos viele Aufnahmen machen kann. In diesem kurzen Zeitraffer sieht man etwa 5 Minuten Zeit verstreichen. Ich wollte versuchen, die Bewegung der Wolken festzuhalten und nahm jede Sekunde ein Bild auf - das Ergebnis ist dieses kurze Video. Viel Spaß beim Schauen!

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