Freitag, 9. März 2018

Seebären – die wahren Herrscher Südgeorgiens


Den Sommer auf Südgeorgien kann man ziemlich einfach in zwei Hälften aufteilen: die erste gehört den See-Elefanten, und die zweite den Seebären. Wenn nämlich die See-Elefanten die Strände verlassen, weil sie nach der intensiven Jungenaufzucht und Paarungszeit erst einmal mehrere Wochen lang im Meer ihre Reserven auffüllen müssen, dann übernehmen ihre kleineren Verwandten die Strände.


Die Antarktischen Seebären sind Pelzrobben, welche größenmäßig zwischen Schäferhund bis Mastschwein einzuordnen sind: dies beschreibt die Körpermaße der erwachsenen Tiere, also ohne Beine. Wikipedia sagt: die männlichen Seebären können bis zu 190cm lang und bis zu 150 Kilogramm schwer werden. Wie bei den See-Elefanten, so sind die Männchen wesentlich größer als die Weibchen, und genau wie bei ihren riesigen Kollegen kommen die Männer zuerst an Land und sichern sich ein Territorium von knappen 10 bis 30 Quadratmetern Strandbereich. Es sind prächtige, stolze Kerle, die Seebären-Männer: vor Kraft und Energie nur so strotzend, zeigen sie ihre kurze Mähne - und warten auf die Weibchen, die erst an Land kommen, wenn die Geburt ihres (im letzten Sommer gezeugten) Jungtieres unmittelbar bevorsteht.


Die Weibchen werden von den Männchen zu Harems zusammengetrieben und wie ein Schatz bewacht. Niemand ist innerhalb des Harems erlaubt: keine anderen Robben (außer noch mehr Weibchen...), keine Menschen, keine wild spielenden (Robben-)Teenager und ganz besonders keine anderen Männchen. Den Weibchen ist das nur Recht, sie wollen ihre Ruhe haben, ganz besonders, wenn ihr Nachwuchs endlich da ist. Die neugeborenen Seebärchen sind zugegebenermaßen ziemlich niedlich: sie haben riesige, blau-schillernde Augen und erstmal nichts anderes im Sinn, als zu trinken und zu schlafen – Babys halt...


Die Seebärenweibchen säugen ihre Jungen deutlich länger, als die See-Elefanten, nämlich vier Monate lang. Weil sie in der langen Zeit selbst bei Kräften bleiben müssen, schwimmen sie alle Paar Tage aufs Meer hinaus. Die kleinen Seebärchen sind während dieser Nahrungs-Streifzüge regelmäßig auf sich alleine gestellt, womit sie aber absolut kein Problem haben. Sie rotten sich zu Spielgruppen zusammen, lernen schwimmen, erkunden die Umgebung und schlafen, wo immer es ihnen beliebt: sie haben ja hier so gut wie keine Feinde. Die Riesensturmvögel und Skuas schnappen sich ein paar Jungtiere, wenn sie noch klein und hilflos sind: aber die Zeit ist schnell vorbei. Seebären werden schon aggressiv geboren, und ihre spitzen Zähne machen sie zu einem gefährlicher Gegner, selbst für Riesen wie meine geliebten Neo-Velociraptoren.


Um ihr Jungtier nach der Essenspause wiederzufinden, nutzen die Mütter ihre Stimme: es ist ein lauter, durchdringender Ruf, der extrem menschlich klingt. Die Weibchen haben schöne Sopranstimmen, und sie nutzen Vokale, vor allem I und U. Teilweise klingt es so, als würden Frauen Ji(iiiiiiiii)m oder Bo(ooooooooooo)b rufen!


Ihr Jungtier antwortet, wenn es den charakteristischen Ruf der Mutter hört, mit einer Art Meckern, einem raspelnden Ä, das wie eine Mischung aus Zicklein und knatschigem Kind klingt. Bei Tausenden von Robben innerhalb einer Bucht herrscht also das Gegenteil von Stille. Schließt man die Augen, dann kann man sich vorstellen, in einem Freibad zu stehen, in dem gerade hunderte Kinder toben, jauchzen und ausgelassen lärmen - zusammen mit einer Herde Ziegen...


Seebären sind, wie ihr es ja schon gesehen habt, eher einfarbig: die Jungtiere sind komplett schoko-braun und bekommen erst nach drei Monaten ihr seidig-graues Erwachsenenfell, das am Bauch heller ist als am Rücken. Etwa eines von 800 Jungtieren aber ist leuzistisch, also heller als die Norm: für eine an sich seltene Mutation ist das ein ziemlich hoher Anteil. Hier in der Bucht wurden drei 'Blondies' geboren – es sind wirklich attraktive Tiere! Die helle Fellfarbe scheint ihnen keinerlei Nach- oder Vorteile zu bringen: wenn überhaupt, dann sind ihre Artgenossen minimal neugieriger, was den Kontakt zu den 'Blonden' angeht.


Seebären gehören zur Gattung der Ohrenrobben, und als solche haben sie (wie der Name es so prägnant verrät) Ohren. Nicht, dass die anderen keine hätten, aber die Pelzrobben besitzen externe Ohrmuscheln, die teilweise herrlich vom Kopf abstehen. Ich will mich hier über niemanden lustig machen, aber … nun, sie bringen mich schon manchmal zum Schmunzeln, die kleinen Segelöhrchen!


Die zweite Besonderheit von Ohrenrobben ist ihre extreme Beweglichkeit. Während die Hundsrobben (darunter alle an den deutschen Küsten vorkommenden Robbenarten sowie die See-Elefanten) eine versteifte Hüfte besitzen und an Land nur extrem schwerfällig voran kommen, können die Ohrenrobben ihre Hinterflossen unter den Körper knicken und wie Beine benutzen. Sie sind deshalb ziemlich wendig und können auf unebenem Gelände und glitschigen Steinen einen Menschen einholen. Das ist wirklich eindrucksvoll!


Was mich auch beeindruckt hat, ist die Länge der Vibrissen dieser Tiere, also der beweglichen und extrem tast-empfindlichen Schnurrbarthaare. Besonders die großen Männchen haben auf jeder Seite zwei extrem lange Barthaare: die längste gemessene Vibrisse bei einem männlichen Antarktischen Seebären lag bei 48 cm. Das ist Rekord für alle Robben - und möglicherweise für alle Säugetiere überhaupt.
Diese Vibrissen sind ein eigenes Sinnesorgan, das eine Mischung aus Tasten und Hören ermöglicht. Klingt seltsam? Klar, über Wasser nutzen sie ihre Schnurrbarthaare in etwa so, wie es Katzen tun, eben als Tasthaare. Unter Wasser aber fangen die Vibrissen Schwingungen auf: da wäre einmal Geräusche, aber auch die Bewegung von Wasser. Sie sind damit in der Lage, den 'Spuren' von Fischen zu folgen, lange nachdem der Fisch vorbeigeschwommen ist, und ihn so zu finden. Einige Robben haben dies perfektioniert: die Bartrobbe in der Arktis etwa. Unsere Seebären hier dagegen fressen fast ausschließlich Krill, diese kleinen Krebstierchen, die in millionenfachen Schwärmen fast alles ernähren, was hier in den Gewässern lebt.

1 Kommentar:

  1. Habe vorher noch nichts von Seebären gehört, danke, daß Du hier alle und vor allem auch die Unterschiede vorstellst. Und die Bilder sind ja herzallerliebst :-)

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