Sonntag, 1. Mai 2016

Die Suche nach dem alten Island

Hallo zusammen,
ich danke euch für die netten Rückmeldungen und Kommentare, die ich auf den zurückliegenden Blogeintrag bekommen habe!

Nachdem der Schock über die teilweise sehr offensichtlichen und negativen Auswirkungen des Massentourismus in Island bei mir zumindest etwas abgeklungen war, habe ich mehr Energie denn je darauf verwendet, "mein" Island zu suchen. Denn eines ist ganz klar: Hinz und Kunz kommen zwar nun zu jeder Jahreszeit in viel zu großer Anzahl auf diese kleine Insel, aber es gibt definitiv noch Orte, die einsam sind und es auch bleiben werden. Das zeigt doch schon alleine die Tatsache, dass ich erst jetzt diese unangenehmen Erfahrungen machen musste, und nicht schon früher. Ich verbringe mehrere Wochen im Jahr auf Island - und habe erst jetzt, im Frühjahr 2016, den Massentourismus als solchen wahrgenommen. Das stimmt mich positiv, allem Frust zum Trotz. Und ich bin mir sicher, dass ich auch in Zukunft Orte und Menschen finden werde, an denen und durch die ich das alte Island neu entdecken kann.






Neben bekannten Highlights haben Olaf und ich auf dieser 10tägigen Reise auch unbekannte Gegenden bereist, die mir gezeigt haben, dass da noch einiges "zu machen" ist, auch, was gute Fotografie angeht.
So fand ich beispielsweise einen Wasserfall ohne Namen, dessen Position ich mir gut gemerkt habe. Dorthin lohnt es sich auf jeden Fall, zurückzukehren: im Sommer oder Herbst, wenn der Schnee geschmolzen ist und warmes Sonnenlicht das Kliff erleuchtet... :-)


Auch ein technisches Spielzeug hat für interessante Bildeffekte gesorgt: Olaf besitzt einen Graufilter, der Langzeitbelichtungen am Tag ermöglicht. Ich ziehe weiterhin die Dämmerung der Tageslichtfotografie vor, aber dennoch mag ich dieses um die Mittagszeit enstandene Bild der Küste bei Arnarstapi auf Snæfellsnes sehr. Ist mal was anderes!



Die zurückliegende Fotoreise hat mir wieder einmal bewusst gemacht, wie gut ich den Norden mittlerweile kenne - und wie wertvoll meine (Natur-)Kenntnisse sind - beispielsweise über meine geliebten Polarlichter.

Ich behaupte einmal, dass fast alle Touristen, die im Winterhalbjahr nach Island kommen, Polarlichter sehen wollen. Die wenigsten haben allerdings Ahnung von diesem Phänomen und verlassen sich meistens auf eine der mittlerweile vielen Polarlichtvorhersagen im Internet. Die sind in etwa so zuverlässig, wie die isländische Wettervorhersage: es sieht toll aus und gibt scheinbar genaue Vorhersagen - liegt aber oft ziemlich falsch. Ich habe schon häufig schmunzeln müssen, wenn ich Touristen zuhörte, die sich lautstark darüber beschwerten, dass die Vorhersage die Lichter letzter Nacht nicht angekündigt habe, oder aber sie stundenlang draußen verbrachten, ohne etwas gesehen zu haben...

Malarifsviti auf Snæfellsnes


           
Nordlichter sind zum Glück herrlich unberechenbar, aller modernen Technik zum Trotz - genau das macht auch weiterhin den Reiz für mich aus! Im Laufe der Jahre habe ich allerdings gelernt, mir (über eine Reihe von Internetseiten und Satellitendaten) ein sehr gutes Bild darüber zu machen, wie wahrscheinlich eine gute Nordlichtsichtung und (genauso wichtig!) ein sternklarer Himmel an bestimmten Orten ist. Davon profitierten Olaf und ich auf dieser Reise sehr: wir kamen immer mit etwas Pufferzeit am Fotomotiv an, konnten uns in Ruhe umsehen und waren bereit, als die Nordlichter "loslegten".

Andere Fotografen kamen meistens erst, nachdem die tollsten Nordlichter schon verblasst waren und wir uns auf den Weg Richtung Unterkunft begaben. So geschehen beim Goðafoss in Nordisland, wo wir bei totaler Bewölkung erschienen und das von mir erwartete Wolkenloch abwarteten. Es trat tatsächlich alles so ein, wie erhofft: die Wolken verzogen sich, und die Nordlichter tanzten wild über den Himmel.
Was für ein tolles Erlebnis! :-D




Ich habe ja im letzten Blogeintrag erzählt, dass wir ziemlich schockiert waren, als wir 17 Autos und Kleinbusse zählten, die mitten in der Nacht am Kirkjufell parkten und ständig umherfuhren - alle waren dort, um den berühmten ehemaligen Nunatak mit Nordlichtern zu fotografieren. Wir flohen vor diesem Rummel, aber kehrten in der darauffolgenden Nacht zurück. Diesmal standen dort nur zwei Autos: also konnte Olaf doch endlich seine Wunschfotos von dem schönen Berg machen. Ich interessierte mich diesmal mehr für den Wasserfall und bin froh, dass mir trotz der Neumondnacht (und der deshalb so gut wie nicht vorhandenen Beleuchtung des Wasserfalls) gute Bilder gelangen.



Meine liebsten Fotos der Reise aber enstanden bei den Lóndrangar, diesen einzigartigen Vulkanschloten an der Südküste von Snæfellsnes. Für mich zählen sie zu den fotogensten Felsen, die Island überhaupt zu bieten hat - und die (interessanterweise) fotografisch noch nicht so bekannt sind.

Seit Jahren schon träume ich davon, diese Felsenburg einmal mit Nordlichtern zu fotografieren. Im Frühjahr 2013 hatte ich ja einmal eine knappe Woche dort verbracht, immer in der Hoffnung auf einen klaren Nachthimmel. Den gab es zwar nicht, aber dafür gelangen mir fantastische Bilder an einem wunderbaren Sonnenaufgang, der gleichzeitig ein Monduntergang war.




Das Problem mit den Lóndrangar und Nordlichtern ist, dass man sich nicht südlich der Felsen aufhalten kann, sondern nur nördlich davon. Da Nordlichter meistens im Norden sind, hat man sie also im Rücken, wenn man die Lóndrangar fotografiert. Nur bei starken Sonnenstürmen lassen sie sich auch im Süden blicken - das passiert momentan leider nicht so oft.

In jener Nacht aber, in welcher der Kirkjufell von Fotografen nur so heimgesucht wurde, tanzten die Nordlichter wirklich überall am Himmel: das war DER Moment, auf den ich jahrelang gewartet hatte! Als wir Südsnæfellsnes erreichten, herrschte allerdings ziemlich dichte Bewölkung. Trotzdem startete ich zur halbstündigen Wanderung hinüber zu den Lóndrangar (Olaf im Schlepptau, versteht sich) - zu lange hatte ich hiervon geträumt! Und tatsächlich: die Wolken rissen auf und gaben den Blick frei auf helle, wenn auch fast farblose Nordlichter am Südhorizont. Ich konnte mein Glück kaum fassen!


Diese Bilder waren für mich das Highlight der gesamten Reise und entschädigten mich doppelt und dreifach für den Frust, den ich andernorts erlebte. Island ist (und bleibt!) für mich ein Land der Naturwunder und spektakulären Fotomotive. Und solange es noch Ecken und Momente gibt, an denen ich die Schönheit der Natur genießen kann und darf, so lange werde ich auch nach Island zurückkehren - das steht für mich felsenfest!

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