Das Vortragsleben ist irgendwie eine eigene Welt. Die meiste Zeit verbringt man entweder auf Autobahnen oder aber in Hallen. Von den Orten selber, an denen wir auftreten, sehen wir kaum etwas. Der Morgen besteht aus der Anreise, der Nachmittag aus den Vorbereitungen am Auftrittsort. Teilweise wird die Technik vom Veranstalter gestellt, oft aber müssen wir Leinwand, Beamer und die Tonanlage selber mitbringen und aufbauen. Und immer mal wieder müssen technische Probleme gelöst werden - das System, das nicht anfällig für Störungen ist, muss erst noch erfunden werden...
Spätestens eine Stunde vor Beginn des Vortrags muss alles fertig sein, denn dann trudeln meist schon die ersten Gäste ein. Davor allerdings sollte man tunlichst noch etwas gegessen haben - sonst kommt man vor Mitternacht nämlich nicht mehr dazu...
Es folgen vier Stunden Dauereinsatz. Der erste und zweite Teil des Vortrags dauern je eine Stunde. Vorher, in der Pause und auch nach dem Vortrag sind wir am Bücherstand für die Gäste erreichbar. Das ist toll, aber auch super anstrengend, und leider hat man viel zu wenig Zeit für die Fragen der lieben Menschen, denen wir hier begegenen. Wenn eine Dreiviertelstunde nach Ende des Vortrages auch der letzte Besucher nach Hause geht, bin ich immer durchgeschwitzt, wie nach einem Dauerlauf. Dass eine körperlich an sich so wenig anstrengende Arbeit dann doch so kräftezehrend sein kann, war eine Entdeckung für mich.
Nach dem Vortrag folgt der leidige Abbau. Zum Glück geht der weitaus schneller vonstatten, als der Aufbau - verzichten könnte ich darauf dennoch gerne. Es ist wirklich verrückt, dass wir für diese zweieinhalbstündige Veranstaltung einen kompletten Tag investieren, und oft auch noch die kommende Nacht. Meist geht es auf Mitternacht zu, wenn das Auto endlich gepackt ist. Dann übernachten wir in einem Hotel vor Ort und treten erst am nächsten Morgen die Rückreise an - oder respektive die Weiterreise an den nächsten Veranstaltungsort.
Dieses Vortragsleben bildet zugegebenermaßen einen krassen Kontrast zu meinen sonstigen Tätigkeiten als Fotograf und Guide und treibt mich ab und an auch einmal an meine (nervlichen) Grenzen. Dennoch bin ich froh, dieses Projekt begonnen und durchgezogen zu haben, Olaf sei dank, denn alleine würde ich mir diesen Wahnsinn nicht antun wollen.
Die Belohnungen sind natürlich die Auftritte selbst. Zum einen ist da die Herausforderung, vor einem so großen Publikum zu stehen, und der Anspruch an mich selber, frei und lebendig zu sprechen. Jeder Zuschauer hat meine bestmögliche Leistung verdient, egal wie oft ich diesen Vortrag nun auch schon gehalten habe. Olaf und ich sind diesbezüglich Perfektionisten und Idealisten gleichermaßen...
Am schönsten, und spreche ich sicherlich für uns beide, sind die direkten Reaktionen der Zuschauer auf den Vortrag. Es macht Spaß, ihnen ein Raunen oder Lacher zu entlocken und von der Bühne aus zu beobachten, wie sehr sie bei der Sache sind und vom Vortrag gefangen werden. Von den lustigen und kurzweiligen Geschichten genauso wie auch von den traurigen, nachdenklichen Themen. Walfang, Tourismus und Globalisierung, das Verschwinden der Papageitaucher, die traurige Lebenssituation in den kleinen ostgrönländischen Dörfern sowie die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels: diese Themen, so unangenehm sie auch sein mögen, sind uns sehr wichtig.
Dieser Vortrag hat ein ganz klares Anliegen an unsere Besucher: nämlich das, sich aktiv in den Natur- und Klimaschutz einzubringen. Ich persönlich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, "nur" von der Natur zu profitieren. Ich möchte und muss etwas an sie zurückgeben, und dieser Vortrag ist einer von vielen Versuchen, genau das zu tun.
Ob wir damit etwas erreichen? Ob sich einige wenige unserer Zuschauer angespornt oder motiviert fühlen, ihr Handeln ein wenig zu ändern? Ich weiß es nicht und werde es wohl nie erfahren - aber ich hoffe es. Und genau das ist und bleibt meine Hauptmotivation, auch die nächsten Jahre noch zuammen mit Olaf durch die deutschsprachigen Länder zu reisen und meine Bilder, Erlebnisse und Liebe zum Norden unter die Menschen zu bringen.